Markus Kraetschmer sagt: "Ein neues Stadion spielt nicht Fußball." Austrias Vorstand streitet ab, dass "sogenannte Fans" die Macht übernommen haben: "Man muss klar kommunizieren, dass es nicht ihr Stadion ist. Wir entscheiden, wer dort spielt. Die Austria ist auf diese Einnahmen angewiesen."

Foto: APA/HANS PUNZ

Markus Kraetschmer lehnt Blauäugigkeit ab. Der 47-jährige Wirtschaftsvorstand der Wiener Austria ist sich der "schwierigen Situation" selbstverständlich bewusst. "Um das zu erkennen, muss man kein Professor sein." Ihm graut vor der Tabelle, in 25 Runden hat man nur neunmal gewonnen und zwölfmal verloren, das ist negativer Vereinsrekord. "Es kann nicht der Anspruch sein, nur Teil der Meistergruppe zu sein." Stadtrivale Rapid ist nicht einmal das, Kraetschmer schöpft aus dem Unglück anderer aber keine Kraft. "Fakt ist, wir kriegen die PS nicht auf die Straße."

Es läuft nicht rund. Am 31. März wurden die Veilchen zum Auftakt der Meistergruppe mit 5:1 aus dem Salzburger Bullen-Stadion geschossen. Danach folgte eine 0:1-Heimniederlage gegen Sturm und zuletzt ein 1:1 beim WAC.
Foto: APA/KRUGFOTO

Neben dem sportlichen Jammer sind die wirtschaftlichen Aussichten auch nicht gerade berauschend. Die Lizenz wurde von der Bundesliga nur mit Auflagen erteilt, diese werden nachgeliefert und erfüllt. Sollte sich die Austria erneut nicht für den Europacup qualifizieren, und die diesbezüglichen Chancen sind absolut intakt, muss gespart werden. Kraetschmer: "Dann wird der Gürtel enger geschnallt. Aber auch in diesem Fall hätten wir das drittgrößte Budget." Schon jetzt wurde um fünf Millionen Euro auf 31 reduziert. "Der Europacup ist eben eine Bühne, um handeln zu können. Spieler werden interessant, sie können sich aufdrängen, man hat dann bei Transfers mehr Spielraum. Und mit Sponsoren ist es auch einfacher."

Ärger um das Cup-Finale

Kraetschmer ist in die Kritik geraten. Ihm wurden Allmachtsfantasien unterstellt, "was ein völliger Unsinn ist. Ich verpflichte keinen Spieler, weil ich ihn mir einbilde. Das ist Aufgabe der sportlichen Führung. Ich entscheide nur, was finanziell möglich ist." Die Austria hätte am 1. Mai das Cupfinale zwischen Rapid und Red Bull Salzburg austragen sollen, aufgrund von Sicherheitsbedenken der Wiener Polizei wurde es nach Klagenfurt verlegt. Kraetschmer sah sich Drohungen der eigenen Fans ausgesetzt. Tenor: Nie und nimmer werde man es zulassen, dass Rapidler die Generali-Arena entweihen, schleich dich, Verräter. Er streitet ab, dass "sogenannte Fans" die Macht übernommen haben. "Man muss klar kommunizieren, dass es nicht ihr Stadion ist. Wir entscheiden, wer dort spielt. Die Austria ist auf diese Einnahmen angewiesen."

Die Konstellation ist insofern eine spezielle, als Kraetschmer der einzige Vorstand und somit allein dem Aufsichtsrat verpflichtet ist. Früher hatte er den gleichberechtigten Thomas Parits an seiner Seite. "Es wurden Statuten geändert. Vielleicht müsste man die Kommunikation aufteilen."

Zeugnisverteilung

Zuletzt habe bereits der technische Direktor und Sportchef Ralf Muhr zu den Vorgängen auf dem Fußballplatz Stellung bezogen. "Er sagt, dass wir viel zu viele rote Karten bekommen. Ich denke es mir nur." Fakt ist: Wie bei Rapid haben die neuen Spieler eindrucksvoll nicht überzeugt, das eint sie mit den alten. In Hütteldorf zog Fredy Bickel Konsequenzen, der Schweizer hört als Sportgeschäftsführer auf. Muhr bleibt. Kraetschmer: "Nach der Saison werden die Zeugnisse verteilt."

Trainerfrage

Die Austria plant kurz-, mittel- und langfristig. Im Mai soll/muss die Cheftrainerfrage geklärt sein. Robert Ibertsberger, der den entlassenen Thomas Letsch interimistisch und recht erfolglos vertritt, dürfte nur Außenseiter sein. Der Serbe Nestor El Maestro wird gehandelt, Kraetschmer lehnt Namensspielchen ab. "Fakt ist, dass wir nach Peter Stöger bei der Trainerwahl nicht gerade glücklich agiert haben, Thorsten Fink eine Zeit lang ausgenommen. Ich hoffe, wir lernen dazu."

Nicht minder wesentlich ist die Verhinderung des Abstiegs der Young Violets aus der Zweiten Liga, eine noch kurzfristigere Aufgabe. Kraetschmer ist seit 22 Jahren beim Klub. Er hat Frank Stronach überstanden. "Ich bin ein Kämpfer." Sein Vertrag endet 2021. Am Ostersonntag kommt der LASK. Kraetschmer sagt, Blauäugigkeit hin, Blauäugigkeit her: "Unser Anspruch ist zu siegen." (Christian Hackl, 16.4.2019)