Man hat es heutzutage schon nicht leicht: Da will man als pflichtbewusster und informierter Bürger seinen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten, und dennoch lockt einen die Sehnsucht nach der Ferne und das Interesse an fremden Ländern. Dass so mancher Kritiker der Jugend einen wunden Punkt trifft, wenn wieder einmal das nächste Foto vom nachhaltig-vegan produzierten Brunch in der Urlaubsdestination Bali hochgeladen wird, hat schon auch seine Richtigkeit. Immerhin sind bei einem solchen Flug gleich mehrere Tonnen CO2 in die Luft geballert worden.

Dennoch wird es, wie es scheint, noch dauern, bis die Regierungen dieser Welt Flugreisen endlich höher besteuern und Fluglinien zu umweltfreundlicheren Alternativen drängen. Und auch bis sich ein Verhaltenswandel bei uns einstellt, könnte noch so manche Vielfliegerkarte mit Punkten vollgepumpt werden. Trotzdem: Jeder Beitrag, den jemand leistet, ist wichtig, und jede Möglichkeit, Gutes zu tun, sollte unterstützt werden – von nachhaltig produziertem Essen bis zum nachhaltigen guten Übernachten.

Authentischer und ehrlicher

Genau eine solche unterstützenswerte Idee ist Socialbnb. Millionen von Menschen nützen heute schon mehrmals jährlich kostengünstige Alternativen zu Hotels und Hostels und mieten sich via Airbnb in private Wohnungen ein, die immer häufiger nur mehr sterile Kämmerchen zur massenhaften Abfertigung von Touristen sind. Auf der anderen Seite haben viele lokale kleine NGOs oftmals überschüssige Flächen und Räume, die für einen kleinen Zugewinn untervermietet werden könnten. Socialbnb will genau dort als Schnittstelle fungieren und jenen Menschen eine Bleibe bieten, die günstig wohnen, etwas Gutes tun und das authentische Leben vor Ort miterleben wollen.

Socialbnb stellte sich zu Beginn so für einen Ideenwettbewerb vor. Mittlerweile ist man in Größe und Erfahrung gewachsen.
Enactus an der Universität zu Köln e.V.

Betrieben wird das Projekt von rund einem Dutzend junger Studenten, die Socialbnb 2016 ins Leben riefen und seit nunmehr einem Jahr mit ihrem Online-Auftritt die Welt durch unternehmerisches Handeln versuchen, nachhaltig ein wenig zu verbessern. Socialbnb selber arbeitet dabei nicht profitorientiert.

Gezielte Projektförderung

Die Liste an Vorteilen für die NGOs ist lang. Sie können 80 Prozent der Übernachtungskosten einstecken, wobei in etwa 50 Prozent für die Deckelung der Kosten gedacht sind und 30 Prozent in die Förderung eines gezielten Projekts gehen sollen – sei es, die Kosten für einen Englischlehrer oder Schulbücher für eine Kleinschule aufzutreiben oder eine neue Frischwasserleitung zu bauen. Jedes Projekt ist für die Reisenden einsehbar, ebenso wie der Finanzierungsstand des Vorhabens. Die restlichen 20 Prozent gehen an Socialbnb, um die laufenden Kosten für die Onlineplattform zu decken.

NGOs können dadurch zumindest teilweise der Abhängigkeit von Spenden entkommen und ein halbwegs regelmäßiges Einkommen erzielen, das langfristig für mehr Planungssicherheit sorgen kann. Auch können NGOs die Ziele ihres Vorhabens einer breiteren Masse präsentieren und so vielleicht den einen oder anderen Spender oder eine langfristige Unterstützerin für sich gewinnen.

Keine Pflicht zur Mitarbeit

Die Reisenden erhalten eine günstige Übernachtungsmöglichkeit – die Preise orientieren sich am unteren Ende von Hostels – und erleben zudem ein äußerst authentisches Bild des Lebens in einer Region. Wer will, darf selbstverständlich jederzeit mit anpacken und helfen – verpflichtet ist dazu aber niemand. Man kann auch einfach nur das günstige Bed-&-Breakfast-Angebot in Anspruch nehmen und nach der Bezahlung vor Ort wieder abreisen. Auch so hilft man den Organisationen. Gebucht wird ganz einfach online, möglichst 48 Stunden vor Ankunft am Ziel.

Für viele Reisende kann Socialbnb eine kostengünstige und nachhaltige Alternative zu Airbnb, Hotels oder anderen Plattformen sein.
Foto: APA/AFP/FETHI BELAID

Nun ist das Angebot kleiner, regionaler NGOs, die über die Möglichkeit verfügen, Betten anzubieten, natürlich enden wollend; ebenso gibt es natürlich nicht an jedem Ort, den man besuchen möchte, ein solches Projekt – das Netzwerk wächst jedoch stetig, sodass mittlerweile bereits 26 NGOs in 13 Ländern teilnehmen. Kambodscha, Argentinien, Nepal oder Uganda sind nur einige Beispiele. Ebenso unterstützen die Regional Officers von Socialbnb interessierte NGOs bei der Bereitstellung von Betten oder anderem Mobiliar. Und vielleicht findet der eine oder die andere ja auch Gefallen daran, durch die Übernachtung etwas Gutes zu tun. (faso, 19.4.2019)