Eines vorweg: Nein, auch in der zweiten Folge der letzten Staffel von "Game of Thrones" gibt es für Cersei keine Elefanten. Die das Rüsseltier liebende Königin kommt in dieser Folge erst gar nicht vor. Die Handlung schreitet wenig voran, konzentriert sich dafür auf intime Momente vor der großen Schlacht gegen die Armee der Toten und die vielen Dinge, die man für die Liebe tut.

Urteil für den Kingslayer

Nach dem intensiven Blickduell Jaime versus Bran in der Staffelpremiere geht es gleich in medias res: nämlich ins Winterfell'sche Tribunal gegen den verschrienen Kingslayer. Daenerys konfrontiert den Mörder ihres Vaters mit Geschichten, die sie und ihr Bruder Jaime antun würden, sobald sie den Eisernen Thron zurückerobert haben. Auch Sansa, Daenerys Schwägerin in spe, hält dem Lannister-Zwilling die Attacke auf ihren Vater Ned Stark vor. Erst als sich Brienne aus der Menge erhebt und mit ihrem Leben für die Loyalität des Lannisters bürgt, schwenkt Sansa ein. Jaime darf leben – halt so lange, bis der Night King kommt und alles niedermetzelt.

Wenig später bittet Jaime Bran um Vergebung dafür, ihn aus dem Fenster gestürzt zu haben. Doch dieser ist wieder auf seinem "I am the Three-Eyed Raven"-Trip, was Jaime sichtlich verwirrt und den Zuschauer den Sinn der Figur hinterfragen lässt. Aber: Als sich die Chefstrategen zusammenfinden, um sich einen Schlachtplan gegen die Armee der Toten auszudenken, verrät der Stark-Sprössling mit dem Schlafzimmerblick, hinter was – oder besser gesagt wem – der Night King wirklich her ist: Bran! (Schockierend, ich weiß). Denn Bran ist als Three-Eyed Raven allwissend und hat die gesamte Historie Westeros' in seinem Kopf – und die will der Night King auslöschen. Er will die Welt, die Menschen, jegliche Erinnerung eliminieren und die Ewige Nacht einläuten. Tabula rasa, Sense, Ende Gelände. Bran wird im Godswood auf den Night King warten, wie er beschließt. Vermutlich besiegt er das ultimative Böse, indem er es zu Tode starrt.

Bran hat eine Zielscheibe auf seiner Stirn.
Foto: hbo

Daenerys Untergang?

Derweil kämpft Daenerys um Ansehen innerhalb Winterfells als wahre Königin der Sieben Königreiche. Die Nordfrauen und Nordmänner tauen nur langsam auf, noch schwieriger wird es für die Drachenkönigin, wenn ihr Sansa – zu Recht – die Show stiehlt. Beim Urteil über Jaime Lannister übergeht Sansa sie, als Theon Greyjoy mit Gefolge eintrifft, bittet er Sansa darum, unter ihr zu kämpfen. Als sich die beiden Führerinnen annähern und sich verbünden wollen, weist Sansa Daenerys zurecht. Jede Szene mit Daenerys verdeutlicht, wie ihr Status als Königin, Mhysa und was sie nicht alles für Titel hat langsam zerbröselt. Städte zu erobern und mit Drachen alles niederzubrennen macht noch keine Königin. In Winterfell wird ihr das allmählich klar: Tradition, Familie und gute Führerschaft sind wichtiger als Feuer und Blut.

Wer noch nicht überzeugt ist, dass Sansa die geeignete Königin ist, dem ist nicht mehr zu helfen.
Foto: hbo

Den letzten Dolch stößt in ihr eh schon geschundenes Regentinnenherz ihr Neffe Jon Snow in der Krypt: Er ist Aegon Targaryen, und die beiden sind verwandt – obwohl, das war nicht wirklich zentral in dem Gespräch. Viel eher bezeichnend für die Offenbarung ist Danys Reaktion: Sie ist nicht schockiert darüber, dass sie mit ihrem Neffen geschlafen hat (okay, die Lannisters haben da einiges vorgelegt), sondern viel mehr darüber, dass der legitime Thronfolger vor ihr steht und sie absolut keinen Anspruch auf den Eisernen Thron mehr hat. Das Einzige, was sie je wollte, der Thron, wird ihr abspenstig gemacht von dem zweiten Mann, den sie je geliebt hat, wie sie zuvor Sansa gestanden hatte. Wenn das nicht ein tragisches – oder wahnsinniges – Ende für die Drachenkönigin andeutet ...

Daenerys befindet sich in einer Abwärtsspirale.
Foto: hbo

Die Dinge, die man für die Liebe tut

Wie schon erwähnt, ist diese Folge nicht gerade handlungsschwanger, sondern zeichnet ein intimes Bild der Figuren und ihrer Emotionen vor einer Schlacht. Davos und Gilly kümmern sich um ein kleines Mädchen, der Hound und Berric Dondarrion teilen sich Met auf der Brüstung, Jorah bekommt von Sam das Familienschwert, um gegen die White Walker bestehen zu können, Jaime bittet Brienne, unter ihrer Führung kämpfen zu dürfen, und die verbliebenen Brüder der Night's Watch reminiszieren ihre ersten Tage an der Mauer.

Doch das alles ist ein Lercherlschas gegen Aryas und Briennes Schlüsselszenen. In der Waffenschmiede tauschen Arya und Gendry intensive Blicke aus. Nachdem ihr Gendry den Speer übergeben hat, den er für sie anfertigen sollte, wechselt das Gespräch auf Melisandre und Gendrys sexuelle Vergangenheit. Beide kommen sich näher, küssen einander und haben Sex. Mit dem Tod im Nacken, so Arya, ist es vielleicht ihre letzte Chance zu erleben, wie es sich anfühlt.

Parallel dazu haben Brienne und Jaime wohl den intimsten Moment, den die beiden je haben werden. Während sie mit Tyrion, Tormund, Davos und Podrick Wein trinken und Geschichten erzählen – zum Beispiel, dass Tormund mit zehn einen Riesen erschlug und dann von dessen Gattin gestillt wurde –, schlägt Jaime Brienne in einer der bewegendsten Szenen der Seriengeschichte zur Ritterin und erfüllt ihren größten Traum: "Arise Brienne of Tarth, a Knight of the Seven Kingdoms."

Brienne ist nun ein "Ser".
Foto: hbo

Wie vor jeder guten Mittelalter-Fantasy-Schlacht wird auch noch ein Lied angestimmt: "Jenny of Oldstones" ertönt über einer Montage der Gesichter der Charaktere. Wir werden noch einmal daran erinnert, dass das die letzte "nette" Folge sein wird, daran, dass wir einige Figuren zum letzten Mal gesehen haben. Wer überleben wird, ist ungewiss, niemand ist sicher. Als die Credits beginnen und Florence and the Machine diese mit ihrem zu "Game of Thrones" passenden sphärischen Sound untermalen, wird nur noch verdeutlicht: Die Armee der Toten steht vor der Tür, nicht alle werden überleben, die Schlacht um Winterfell – und um Westeros – hat begonnen. (Kevin Recher, 22.4.2019)

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