Viola ist vier und Marlies ist sieben – beide sind schon ganz aufgeregt, denn in ein paar Tagen wird der Osterhase im Garten von Oma und Opa Nester verstecken und hoffentlich das gewünschte Fahrrad, die neue Puppe und viel Schokolade bringen. Die beiden Mädchen wollen vor dem Zu-Bett-Gehen nur noch Hasengeschichten vorgelesen bekommen.

Der achtjährige Valentin hat schon letztes Jahr in der Schule erfahren, dass es den Osterhasen nicht gibt. Es sind nämlich Mama und Papa, die die Geschenke verstecken. Doch den Eltern und auch sich selbst zuliebe spielt der Bub immer noch mit. Er tut so, als ob er noch an die Geschichte mit dem Hasen glauben würde, und alle haben ihren Spaß dabei.

Die dreijährige Hanna ist diese Woche vom Kindergarten nach Hause gekommen und hat erzählt, dass es einen Osterhasen gibt, der Nester in der Wiese versteckt. Die Eltern haben der Tochter diesen Mythos aber nie erzählt. Auch die Großeltern wurden gebeten, ihrem Enkelkind diese Unwahrheit nicht zu vermitteln. Oma Herta hat die Geschichten Hannas aber gleich aufgegriffen und dem Mädchen nun doch vom Osterhasen erzählt.

Ein Hase, der Eier bringt

Zu Ostern bringt der Osterhase den Kindern bunte Eier, Süßigkeiten und kleine Geschenke. Schon während der vorangegangenen Zeit wird in Kindergruppen, Kindergärten und Schulen zum Thema Frühling und Ostern gezeichnet und gebastelt.

Der Osterhase ist allgegenwärtig. Viele Kinder lernen neben den Geschichten auch Lieder und Gedichte kennen, die den Mythos des Osterhasen zum Thema haben. Meist ist in den Tagen vor dem Ostersonntag bei vielen Kindern, die in christlicher Tradition aufwachsen, der Osterhase sehr präsent und steigert neben der Vorfreude auch die Aufregung.

Genau wie Hexen, Monster, Einhörner, Nikolo, Christkind, Weihnachtsmann und andere Figuren ist der Osterhase eine Fantasiegestalt, die in die magische Welt der Kinder passt. Der Osterhase ist eine liebliche, freundliche Figur, die oftmals in der Vorstellung der Kinder mit Eiern in einem Korb auf dem Rücken Nester für sie versteckt und Geschenke bringt.

Erzählen Sie Ihren Kindern vom Osterhasen?
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Von magischen Wesen – in der magischen Phase

Man sagt, dass sich Kinder ungefähr zwischen dem 4. bis 6. Lebensjahr in der sogenannten magischen Phase befinden, in der sie sehr empfänglich sind für jegliche Art von Fantasiegestalten. Diese nehmen in ihrem Leben teilweise großen Platz ein, ziehen sie auf wundersame Art und Weise an und verängstigen sie gleichzeitig.

Kinder brauchen solche magischen Gestalten in ihrem Leben, denn sie haben eine Unmenge an Fantasie und können sich viele Geschichten rund um ihren Alltag und das Leben in ihrer Welt ausdenken. Oft helfen diese in einer unbekannten und mystischen Welt lebenden Figuren dabei, das Unerklärliche besser auszuhalten. Meist sind diese Geschöpfe gut und hilfsbereit, den Kindern gewogen und haben die schier unglaublichsten Fähigkeiten. Natürlich gibt es auch böse Wesen, die Angst machen und für die Kinder bedrohlich sein können, wie zum Beispiel das Monster unter dem Bett oder im Keller.

Die Fantasie – eine unglaubliche Bereicherung

Genauso wie es dem Nachwuchs helfen kann, dass es gute Figuren gibt, die ihnen zur Seite stehen, gibt es aber auch jene, die gemein sind, die in Träumen auftauchen oder ganz "real" im WC sitzen, hinter dem Vorhang lauern, im Keller wohnen oder unsichtbar in der Nacht ins Zimmer kommen. Oft werden diese Ängste mit Naturerscheinungen wie Blitz und Donner, Wasser und Feuer verbunden. Aber auch Wesen wie Geister, Monster, Hexen, Vampire, ausgestorbene Tiere oder Figuren, die der Fantasie des Kindes entspringen, bringen es mit sich, dass den Kleinen angst und bange wird, und stellen damit Eltern und Bezugspersonen mitunter vor große Rätsel. Da muss dann zeitweise zu unglaublichen Tricks gegriffen werden, um diese heimtückischen Biester in die Flucht zu schlagen.

So furchtbar diese Charaktere für den Nachwuchs sein können, so anziehend sind sie zugleich. Sehr oft glauben Kinder auch an ihre eigenen magischen Kräfte, mit denen sie diese Fantasiewesen besiegen können. Dann werden sie zu einer starken, übermächtigen Superheldin / einem Superhelden, die/der plötzlich in der Lage ist, alles verschwinden zu lassen und Dinge zu tun, die nur mittels dieser Superheldenkraft möglich sind.

Spagat zwischen Lüge und Mythos

Manche Eltern erinnern sich gerne an bestimmten Festtagen wie Weihnachten, Ostern oder Geburtstage an ihre eigene Kindheit zurück. Meist werden mit diesen Festen bestimmte positive Emotionen verknüpft, und sie können immer noch die Aufregung und die Freude fühlen, die sie damals erlebt haben. So bleiben oftmals schöne Erinnerungen an die Kindheit ein ganzes langes Erwachsenenleben bestehen. Daher bleibt und ist der Wunsch, den Kindern auch solch schöne Kindheitserlebnisse mitzugeben, ein sehr verständlicher.

So ist es vermutlich diese Intention, die Erwachsene dazu bewegt, den Kindern den Mythos vom Osterhasen wieder und wieder zu erzählen und diesen so lange zu bedienen, bis das Kind von selbst verstehen lernt, dass es sich dabei um eine liebgewonnene Tradition und eine schöne Geschichte handelt.

Andere Eltern und Bezugspersonen verbinden jedoch damit, dass die eigenen Eltern die Unwahrheit erzählt haben und sie dies ihrem Nachwuchs gegenüber niemals tun könnten, denn sie möchten sich später den Vorwurf nicht gefallen lassen müssen, eine Schwindelei erzählt zu haben. Somit stecken vermutlich auch Eltern und Bezugspersonen in dem Dilemma zwischen Wahrheit und Mythos, zwischen Fantasie und Realität.

Ob Erwachsene nun ihrem Nachwuchs vom Osterhasen erzählen und Nester verstecken oder ob sie diesem diverse kleine und große Geschenke geben, ohne die Geschichte vom Hasen zu erwähnen – es ist doch die Freude in den Augen der Kinder, die ansteckend ist, Eltern und Bezugspersonen guttut und ihnen wiederum Freude am Schenken bereitet.

Wie haben Sie als Kind das Osterfest erlebt?

Erzählen Sie uns Ihre schönsten, lustigsten, kreativsten Erlebnisse rund um das Osterfest. Spielen Ihre Kinder Ihnen (und sich selbst) zuliebe noch den Mythos vom Osterhasen mit? Wann haben Ihre Kinder aufgehört, an den Osterhasen zu glauben? Posten Sie Ihre Erfahrungen, Fragen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 19.4.2019)