Mit dem heutigen Donnerstag (18. April) ist Wien um 600 Scooter reicher. So groß ist nämlich die Flotte des Anbieters Hive, der mittlerweile sechste Vermieter von elektrifizierten Tretrollern in der österreichischen Bundeshauptstadt.

Und bei 600 Rollern wird es nicht bleiben. Schon im Mai will man 1.000 E-Scooter auf den Straßen haben. Im Laufe des Sommers soll die erlaubte Höchstzahl von 1.500 erreicht sein. Es sei kein Testlauf, betonten CEO Tristan Torres Velat, City-Manager Alexander Juranek und Sarah Lamboj, Mytaxi-Geschäftsführerin in Österreich. Man sei nach Wien gekommen, um zu bleiben, und plant bereits für die nächsten fünf bis zehn Jahre.

Kein "Preiskrieg", aber Abomodelle

Mit der wahrnehmbaren Unterscheidung zur Konkurrenz wird es allerdings noch etwas dauern, denn das Basispreismodell ist ident. Man bezahlt einen Euro Grundpreis sowie 15 Cent je Minute Mietzeit. Gebucht wird, wie üblich, per App für Android und iOS. Der Markt sei noch jung, erklärt Torres Velat auf STANDARD-Nachfrage dazu. Dementsprechend sei es "nicht sinnvoll, jetzt schon einen Preiskrieg" anzuzetteln. Es sei aber durchaus denkbar, dass man in einigen Monaten die Preise evaluiere und nach oben oder unten anpasse.

Country Manager Alexander Juranek, Mytaxi-Austria-Chefin Sarah Lamboj und Hive-CEO Tristan Torres Velat (von links nach rechts).
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Geplant sind allerdings Abomodelle, die die einzelnen Fahrten in Summe erschwinglicher für Vielnutzer machen sollen. Es soll dabei auch eigene Angebote für Studenten oder sozial bedürftige Menschen geben. Das befahrbare Gebiet erstreckt sich zum Start über die Areale innerhalb des Gürtels sowie vereinzelte Stadtteile außerhalb. Man strebt eine sukzessive Ausweitung an.

An den Start schickt man die "Sharing"-Version des Ninebot-ES4-Scooters. Konfiguriert ist er auf eine Leistung von 300 Watt bei einer maximalen Geschwindigkeit von 18 km/h. Bei einer Probefahrt zeigte er ein angenehmes, weil nicht ruckartiges Beschleunigungsverhalten. Das Modell wird auch von anderen Anbietern genutzt. Hive will allerdings noch heuer damit anfangen, es durch ein eigens entwickeltes Modell zu ersetzen.

Vorbildwirkung

Das Unternehmen ist im Grunde ein Abkömmling der Autoindustrie und Teil des wachsenden Mikromobilität-Angebots von BMW und Daimler. Zu diesem gehören etwa auch Car2Go, Drivenow oder Mytaxi, das offiziell die Mutterfirma von Hive ist. Langfristig sollen diese Angebote in einer Dachmarke namens "Freenow" aufgehen, einen genauen Zeitplan hierfür gibt es aber noch nicht.

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Hive verspricht jedenfalls, als Vorbild hinsichtlich städtischer Ordnung und Umweltfreundlichkeit fungieren zu wollen. Man sei im stetigen Austausch mit der Stadt und suche auch den Kontakt mit Bezirksvertretern. Personal vor Ort, die sogenannten "Bees", soll sich schnell um defekte oder schlecht geparkte Scooter kümmern oder beratend bei Problemen zur Seite stehen. Generell sei man nur in Städten tätig, in denen es Richtlinien für den Scooterverleih gibt. Lobende Worte fand man für die Vorgaben in Wien.

Mit Flyern und an den Scootern befestigten Mini-Broschüren will man zudem über die Sinnhaftigkeit von Helmen und richtiges Abstellen aufklären. In zwei Städten habe man getestet, ob man die Menschen zum Tragen von Helmen bewegen könne, indem man den Kopfschutz einfach auf die Leihroller hängt, schildert Velas Torres. Das bewährte sich allerdings nicht. Viele Fahrer legten die Helme einfach am Boden ab oder warfen sie weg.

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Wien statt San Francisco

Punkten will man auch mit Erreichbarkeit vor Ort. Zum Start schafft man in Wien nach eigenen Angaben 50 Arbeitsplätze. Ansprechpartner sollen vor Ort erreichbar sein und die Hotline nicht – wie es bei anderen Anbietern vorkommen soll – nach San Francisco weiterleiten.

Hive wird aller Voraussicht nach aber nicht der letzte Anbieter nach Bird, Lime, Tier, Wind und Flash sein. Zwei weitere Anbieter dürften in naher Zukunft ebenfalls in der Donaumetropole loslegen. Das oberösterreichische Unternehmen Arolla hat für April den Start eines Testbetriebs angekündigt. Das schwedische Start-up Voi sucht bereits eifrig nach Personal in Wien wie auch anderen österreichischen Städten. Insgesamt hätte Wien dann acht E-Scooter-Verleiher mit theoretisch bis zu 12.000 aufgestellten Rollern. (Georg Pichler, 18.4.2019)