Jessica Hausner gehört zu den wichtigsten Protagonisten des heimischen Filmschaffens.

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Jessica Hausner war 16 Jahre alt, als sie von ihren Eltern ein Buch über "Die Großen der Welt" geschenkt bekam. Sie fand darin nur wenige Frauen unter sehr vielen Männern.

Hausner träumte davon, auch einmal zu den Großen zu zählen – und dies möglichst als Künstlerin. Als Schriftstellerin vielleicht? Sie fand ihre Berufung schließlich im Kino. "Die Worte haben mich nicht erfüllt", sagte sie später einmal.

An der Filmakademie in Wien lernte sie zuerst bei Axel Corti, dann bei Wolfgang Glück. Von den Wörtern zu den Bildern kommen und von dort wieder zurück an den Anfang: Hausner sieht ihre Filme als "eine Untersuchung darüber, warum ich eine bestimmte Idee gehabt habe". Für ihren neuen Film "Little Joe" könnte die Idee lauten: das Leben von Pflanzen. Das Thema ist hochaktuell. Mit dem Film wird sie im Mai im Wettbewerb des Filmfestivals in Cannes antreten.

Vertreterin einer neuen Bewegung

Jessica Hausner ist Jahrgang 1972 und die Tochter des Malers Rudolf Hausner, eines fantastischen Realisten. Ihr erster Spielfilm ließ erkennen, dass sie mit einer Sensibilität antreten wollte, die aus dem Herzen der Popkultur kommt: "Lovely Rita" ist ein Song von den Beatles und der Titel einer Geschichte über ein pubertierendes Mädchen, das mit ihrer Sexualität alle überfordert. Hausner debütierte damit 2001 und wurde mit Barbara Albert zur wichtigsten Vertreterin einer neuen Jugendbewegung im österreichischen Kino. Mit der Gründung der Produktionsfirma Coop 99, an der Hausner bis heute beteiligt ist, bekam diese Bewegung wirtschaftliches Gewicht.

Hausner hat einen durchaus intellektuellen Zugang zum Kino. Sie erforscht Themen und zugleich die Möglichkeiten des Mediums: in "Hotel" die Formen und Regeln des Unheimlichen, in Lourdes die irdischen Facetten des Übersinnlichen, in "Amour Fou" den Zusammenhang von romantischer Liebe und Kostümfilm. Vieles von dem, was Michael Haneke zu einem Weltstar des Kinos werden ließ, findet sich bei Hausner in spannenden Spiegelungen, aber ohne überdeutlichen kulturkritischen Überbau.

In einem Interview hat die mit Kind in Wien lebende Hausner einmal gesagt, dass sie sich als Frau im Kino einer Generation zugehörig fühlt, die schon auf Emanzipationsgewinne aufbauen kann. Den Schritt unter die – immer noch überwiegend männlichen – Großen des Kinos hat sie mit ihrer ersten Wettbewerbsteilnahme in Cannes nun schon geschafft. (Bert Rebhandl, 19.4.2019)