Das 1902/03 von Josef Hoffmann im Auftrag des Fabrikanten Max Biach für dessen Tochter Katharina konzipierte Interieur. Der Grundriss des Zimmers entsprach einem für Altbauten typischen Kabinett.

Foto: Leopold Museum, L. Rastl

2006 war dieses Ensemble erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen: Im Zuge der Ausstellung "Josef Hoffmann – Interiors 1902-1913", damals noch mit den zugehörigen Hängelampen, die in der Wiener Werkstätte gefertigt wurden.

Foto: Archiv, Neue Galerie

Wer sich mit Interieurs des Wiener Architekten Josef Hoffmann beschäftigt, ist auf historische Quellen angewiesen, konkret auf die einst in Fachzeitschriften veröffentlichten Schwarzweißfotografien. Dabei war Farbe ein integraler Bestandteil seiner Raumkonzepte, sowohl für das Möbeldesign als auch für die Gestaltung zugehöriger Textilien und der Wände.

Dieser Aspekt bleibt der Öffentlichkeit verborgen, auch weil sich vollständige Einrichtungen, wenn überhaupt, in Privatbesitz erhalten haben. Heimische Museen haben allenfalls Einzelstücke im Bestand. Ein Neuankauf des Leopold-Museums (LM) beschert jetzt eine Zäsur: In der neuen Schausammlung wird ein Hoffmann-Interieur präsentiert, das STANDARD-Recherchen zufolge vor kurzem noch Ronald Lauder gehörte. Über die Höhe der Ablösesumme hält man sich bedeckt.

Elegantes Mobiliar fürs Kabinett

Der Reihe nach. Anfang 1903 beauftragte der jüdische Textilfabrikant Max Biach Josef Hoffmann mit der Umgestaltung eines Wohnhauses im vierten Wiener Gemeindebezirk. Laut Häuserkataster stammt der Bau im Neorenaissance-Stil aus dem Jahr 1857. Die vom Baumeister vorgelegten Adaptierungspläne wurden im Juni 1903 bewilligt, und Hoffmann konzipierte die gesamte Innenausstattung.

Dazu gehörte auch das Zimmer der Tochter des Hauses, der damals 17-jährigen Katharina. Vom Grundriss her entsprach es dem für Altbauten typischen Kabinettformat: ein hoher, aber langer, schmaler Raum.

Die Längsseiten sah eine Art Kastenflucht vor, bestehende aus Ankleidespiegel, Kleiderschränken und einem Waschtisch: Die Farbe der Möbel ist Weiß, wobei der Eindruck des Massiven über blaue Rahmenleisten vermindert wurde.

Zusätzliche Auflockerung boten die an den Rändern reliefierten Kastentüren, in die ahornfurnierte und intarsierte Paneele eingearbeitet wurden. Zur Ausstattung gehörten weiters ein Bett, ein Nachtkästchen, ein Schreibtisch mit Stuhl sowie ein zierlicher Damenfauteuil.

2000 in die USA verkauft

Das Gros der Ausstattung des Hauses sollte zwei Weltkriege überdauern. Vater Max Biach verstarb 1912, Katharina 1937. Ihre Mutter Anna wurde Mitte August 1942 80-jährig nach Theresienstadt deportiert und kam um.

Ihr Bruder Rudolf überlebte den Holocaust in einem belgischen Trappistenkloster versteckt. Nach dem Krieg kehrte er in die Mayerhofgasse nach Wien zurück, wo sich die elegante Ausstattung nahezu unbeschadet erhalten hatte.

Sie landete sukzessive im Wiener Kunsthandel. Rund um das Jahr 2000 wurde beim Bundesdenkmalamt (BDA) um Ausfuhr dieser Rarität angesucht und die Bewilligung erteilt. Über die Gründe schweigt man sich auf Anfrage aus und verweist auf das Amtsgeheimnis. Ob es am prominenten Käufer Ronald S. Lauder lag, muss eine Mutmaßung bleiben.

Ablöse rund 600.000 Euro

2006 war es im Zuge einer von Christian Witt-Dörring kuratierten Schau zu den Interieurs Hoffmanns in der Neuen Galerie erstmals öffentlich zu sehen. Nun kehrte es nach Österreich zurück. Zu welchem Preis? Für einen mittleren sechsstelligen Betrag, näher möchte sich Hans-Peter Wipplinger (LM-Direktor) nicht äußern.

500.000 oder doch 600.000 Euro? Das wäre jedenfalls "keine unsittliche Summe", merkt der Jugendstilspezialist Wolfgang Bauer an. Er hätte dafür etwas mehr als eine Million veranschlagt. Finanziert wurde der Ankauf übrigens nicht nur dank eines wirtschaftlich erfolgreichen 2018, sondern auch über das für künftige Restitutionsvergleiche vorgesehene Budget. (Olga Kronsteiner, 20.4.2019)