Wien – Neos kritisieren Engpässe bei den Gerichtsdolmetschern. Waren 2006 noch rund 1.400 Übersetzer als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscher registriert, sind es jetzt nur mehr 718. Niedriger Verdienst und lange Zahlungsfristen – oft mehrere Monate – dürften dazu beigetragen haben. Der Justizminister ist sich des Problems bewusst, ringt aber einmal mehr mit dem Finanzminister um mehr Mittel.

Das Durchschnittsalter der in die Liste eingetragenen Dolmetscher liegt darüber hinaus bei über 60 Jahren, in einigen Sprachen gar darüber. Für Neos-Justizsprecherin Irmgard Griss eine alarmierende Entwicklung. "Wer Rechtsstaat sagt, muss ihn auch finanzieren", zeigte sie sich gegenüber der APA besorgt. Die ausreichende Ausstattung der Justiz sei unabdingbar, um Verfahren rasch durchführen zu können: "Dazu gehört auch, dass die Regierung etwas gegen den dramatischen Rückgang bei den eingetragenen Dolmetschern unternimmt. In etwas mehr als zehn Jahren hat sich ihre Zahl halbiert."

Problematik erkannt

Justizminister Josef Moser (ÖVP) ist sich der Problematik bewusst, wie aus einer aktuellen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos hervorgeht, in der er die Sicherstellung der Qualität der Dolmetschleistungen als ein ihm "besonders wichtiges Anliegen" bezeichnet. Dem rückläufigen Trend bei den Eintragungen in die Dolmetscherliste will er mit einer Verbesserung bei der Honorierung entgegensteuern. "Aus diesem Grund werden daher von meinem Haus schon seit geraumer Zeit Gespräche geführt, damit es zu einer entsprechenden Anpassung kommen kann. Aufgrund der damit verbundenen erheblichen Mehrausgaben zu Lasten des Bundesbudgets konnte bislang aber leider kein Einvernehmen zu diesem Vorhaben mit dem Bundesministerium für Finanzen gefunden werden", bedauert Moser in seiner Anfragebeantwortung.

"Finanzminister Löger muss dem Justizminister ein ausreichendes Budget zur Verfügung stellen. Denn nur durch genügend qualifizierte Dolmetscher kann die Qualität der Rechtsprechung gesichert werden", fordert in diesem Zusammenhang Neos-Justizsprecherin Griss. Ohne Qualität gebe es auch kein Vertrauen in die Justiz: "Es ist die Pflicht der Regierung, dafür zu sorgen, dass die Justiz gut arbeiten kann."

24 Euro-Stundenlohn

Für die Beiziehung von Dolmetschern hat die Justiz im Vorjahr 13,74 Millionen Euro ausgegeben. Amtsdolmetscher, die die Justizbetreuungsagentur dem Wiener Landesgericht für Strafsachen, dem Arbeits- und Sozialgericht Wien, der Staatsanwaltschaft Wien und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur Verfügung stellt, haben 1,05 Millionen Euro gekostet. 593 Mal blieben allerdings die von den vier genannten Strafverfolgungsbehörden angeforderten Leistungen der Amtsdolmetscher aufgrund von Terminkollisionen, Urlauben, Krankenständen oder sonstiger Verhinderungen aus.

Für ihre Übersetzertätigkeit im Rahmen einer gerichtlichen Verhandlung steht Dolmetschern gemäß Gebührenanspruchsgesetz einen Stundenlohn von rund 24 Euro brutto zu. In Deutschland verdienen sie das Vierfache. (APA, 19.4.2019)