Trump hat erst im Vorjahr das Wiener Atomabkommen aufgekündigt.

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Brüssel/Washington – Die EU hat Kritik an der erneuten Verschärfung des US-Ölembargos gegen den Iran geübt. Die Aufhebung der Ausnahmeregelungen sei bedauernswert, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Dienstag. Das amerikanische Vorgehen drohe das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe noch weiter zu gefährden.

Auch China – nach den USA die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt – legte formell Protest gegen die Pläne von US-Präsident Donald Trump ein. Südkorea will Regierungskreisen zufolge umgehend eine Delegation nach Washington schicken, um noch länger in den Genuss von Ausnahmeregelungen zu kommen.

Der Iran griff die Vereinigten Staaten scharf an und sprach von einem "schweren Fehler". An den Finanzmärkten stieg der Ölpreis am Dienstag auf den höchsten Stand seit November.

China erwartet Unruhen

Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sagte, die Entscheidung der US-Regierung werde zur Unruhe im Nahen Osten und auf den internationalen Energiemärkten beitragen. Die Volksrepublik ist der größte Abnehmer von iranischem Rohöl, das sechs Prozent ihrer Importe ausmacht. Einige der wichtigsten Raffinerien des Landes sind auf die Besonderheiten des iranischen Öls eingestellt.

Die USA hatten am Montag angekündigt, eine bisher bestehende Ausnahmeregelung für Unternehmen aus Staaten wie Italien, Griechenland und China Anfang Mai auslaufen zu lassen. Damit riskieren diese künftig US-Sanktionen wie einen Ausschluss vom amerikanischen Markt, wenn sie weiter iranisches Öl kaufen.

Druck auf Iran

Die USA wollen mit ihren Wirtschaftssanktionen den Druck auf die Regierung in Teheran erhöhen, die sie für einen Unruhestifter und Unterstützer von Terrorismus in der Region halten. Die Europäer sehen die Rolle des Iran in der Region wie die USA sehr kritisch, wollen aber das Atomabkommen erhalten. Über dieses war dem Iran für den Verzicht auf sein Atomprogramm die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen versprochen worden.

Versuche von EU-Staaten, die US-Wirtschaftssanktionen auszuhebeln, waren bisher nicht erfolgreich. EU-Diplomaten bestätigten am Dienstag, dass eine von Frankreich, Deutschland und Großbritannien gegründete Zweckgesellschaft noch nicht einsatzbereit sei. Über sie soll eigentlich der Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften abgewickelt werden können, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen dazu nicht mehr bereiterklären.

So könnte der Iran zum Beispiel weiter Erdöl oder andere Produkte nach Europa liefern. Das Geld dafür würde dann aber nicht über Banken in den Iran fließen, sondern an europäische Unternehmen, die zum Beispiel Medikamente, Nahrungsmittel oder Industriegüter in den Iran verkaufen.

Stabilisierung am Ölmarkt geplant

Saudi-Arabien sagte zu, den weltweiten Ölmarkt stabil halten zu wollen. "Das Königreich wird sich mit anderen Ölproduzenten absprechen, um sicherzustellen, dass es genug Öllieferungen für die Konsumenten gibt", erklärte Energieminister Khalid al-Falih laut der Nachrichtenagentur SPA. Die Nordseemarke Brent verteuerte sich am Dienstag um 0,9 Prozent auf 74,69 Dollar je Barrel. Das war der höchste Stand seit sechs Monaten.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte die Entscheidung der USA. Diese sei sehr wichtig, "um den Druck auf das iranische Terrorregime zu erhöhen".

Die USA fahren generell einen Kurs der Härte gegenüber Teheran. Trump hatte im vergangenen Jahr eines seiner zentralen Wahlversprechen wahrgemacht, indem er den internationalen Atomvertrag mit dem Iran im Alleingang aufkündigte. Der Schritt belastete die Beziehungen zu den europäischen Verbündeten schwer. Damit ging einher, dass die von den USA im Zuge des Atomvertrages ausgesetzten Sanktionen seither schrittweise wieder in Kraft traten.

USA wollte Neuverhandlungen

Die USA wollen den Iran so zwingen, das Atomabkommen von 2015 neu zu verhandeln. Die Führung in Teheran wirft der US-Regierung vor, das Land wirtschaftlich in die Knie zwingen zu wollen. Letztendlich strebe Washington einen Regierungswechsel an.

Erst vor einigen Tagen hatte die US-Regierung in einem beispiellosen Schritt die iranischen Revolutionsgarden offiziell als ausländische Terrororganisation eingestuft. Die Revolutionsgarden sind die Eliteeinheit der Streitkräfte im Iran und weitaus wichtiger als die klassische Armee.

Es ist das erste Mal, dass die USA eine militärische Einheit eines anderen Staates als Terrororganisation eingestuft haben. Bisher finden sich auf der Terrorliste des US-Außenministeriums Gruppen wie der IS, Boko Haram und die Hamas. Der Iran hatte den Schritt scharf kritisiert und im Gegenzug das US-Zentralkommando Centcom, das die US-Truppen im Nahen Osten führt, auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt. (APA, Reuters, 22.4.2019)