Der Stiftungsrat drängt ORF-General Alexander Wrabetz, sein Budget für 2020 schon jetzt anzugehen – statt im Herbst. Anlass: eine Werbelücke im ORF-Fernsehen Anfang des Jahres.

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Wien – Der ORF-Stiftungsrat nimmt den Knick in den TV-Werbeeinnahmen zu Jahresbeginn offenkundig sehr ernst: Schon in dieser Woche muss der ORF mit seiner Budgetplanung für 2020 beginnen – üblicherweise hat er den Finanzplan Mitte November vorzulegen. 2020 wird ein besonders forderndes Jahr – auch wenn die Regierung vorerst nicht an der GIS rühren dürfte.

Gerade Jahre, teure Jahre

Gerade Jahre fordern die Budgets des ORF besonders: Fußballeuropameisterschaften (wie 2020 in München) oder -weltmeisterschaften und dazu Olympische Spiele (wie im Sommer 2020 in Tokio) treiben das Sportbudget des ORF-Fernsehens von rund 80 Millionen in ungeraden Jahren gemeinhin auf mehr als 100. Die rund 20 Millionen extra müssen anderswo aus dem Programm geschnitten werden.

Auch wenn Ballsport und Olympics hunderte Programmstunden füllen, ist das kein einfaches Unterfangen bei real über die vergangenen Jahre um wesentliche zweistellige Millionenbeträge gekürzten TV-Budgets.

ORF 1 braucht Budget für neue Positionierung

ORF 1, als Kanal des ORF für Premiumsport budgetär ein kommunizierendes Gefäß mit den Sportevents, sucht aber auch gerade eine neue Programmidentität – Eigenproduktionen statt Kaufserien und Kauffilme. Und Eigenproduktionen sind gemeinhin teurer als Zugekauftes.

Lisa Totzauer, seit Mai erste Senderchefin von ORF 1, hat sich für 2020 einiges vorgenommen: "Noch im nächsten Jahr müssen und werden bei der Neuausrichtung von ORF 1 weitere Schritte folgen, um zügig die Lücke zwischen 'Magazin 1' und dem Hauptabend zu schließen", kündigte Totzauer gerade auf STANDARD-Anfrage zu den ersten Quoten ihres Vorabendmagazins an. Das Ziel: "österreichisch programmieren". Diese Programmpläne vor allem für ORF 1 dürften die Budgetplaner beim vorgezogenen Finanzplan für 2020 zusätzlich fordern.

Programm für den Player

Ende 2019 oder spätestens 2020 soll auch der ORF-Player in die Gänge kommen – eine ORF-Plattform für Streaming und vor allem Austausch und Interaktion von Usern mit Usern und Programmmachern. Für die technische Plattform sollen um die fünf Millionen Euro budgetiert sein.

Aber die Summe enthält praktisch noch keine eigene Programmschöpfung für den Player – und der soll zum Beispiel eine recht umfassende Kinderabteilung bekommen, quasi einen nicht (nur) linearen Kinderkanal. Dort sollen nach den Vorstellungen der Player-Macher, angeführt vom ORF-Plattformstrategen Franz Manola, Kinderprogramme auch zuerst online laufen. Was dort funktioniert, kommt womöglich auch ins Fernsehen.

Das müsste eigentlich Umschichtungen des TV-Budgets zum Player bedeuten, nicht allein im Kinderprogramm – oder eine grundlegende Neuorganisation des ORF. Ein neuer Vorstand für den ORF statt des Alleingeschäftsführers, wie von der Regierung geplant, könnte dazu beitragen. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz scheint gerade die Position eines Digitalvorstands anzustreben. Dieser Vorstand wäre bei fundamentaler Neuaufstellung Richtung ORF als digitale Plattform mit Ausspielkanälen in TV und Radio eigentlich für fast alles zuständig.

Zarte Entwarnung

Erst müssen sich Wrabetz, die bestehenden Führungskräfte und darunter wohl auch ein paar weitere ORF-Vorstände in spe Gedanken über das fordernde Budget 2020 machen. Mit dem ersten Budgettermin kommt freilich auch schon vorsichtige Entwarnung: Die TV-Werbeeinnahmen des ORF im April und Mai sollen nach einer millionenschweren Delle zu Jahresbeginn wieder in etwa auf Plan liegen.

ORF-Debatte im Nationalrat

Um die Rundfunkgebühren und den ORF geht es noch vor dem Budgetauftakt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks am Mittwoch im Nationalrat: Der Verfassungsausschuss berichtet über das Volksbegehren der Christlichen Partei Österreichs (CPÖ), das 2018 rund 320.000 Unterschriften schaffte. (Harald Fidler, 23.4.2019)