Christian Schilcher zieht nun doch die Konsequenzen und legt sein Amt als Vizebürgermeister von Braunau zurück.

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Vizekanzler Heinz-Christian Strache (rechts) und Oberösterreichs FPÖ-Landesobmann Manfred Haimbuchner haben nach dem Rücktritt von Christian Schilcher ein Problem weniger.

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Linz – Der blaue Vizebürgermeister von Braunau, Christian Schilcher, tritt zurück. Das bestätigte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Dienstagvormittag. Schilcher, der auch aus der Partei austreten wird, hatte zuvor mit einem in einer Parteizeitung erschienenen Gedicht für Empörung gesorgt, in dem er Vergleiche zwischen Menschen und Ratten gezogen hatte.

Schilcher hatte unter dem Titel "Die Stadtratte (Nagetier mit Kanalisationshintergrund)" aus der Sicht einer "heimischen Ratte" geschrieben. Wörtlich formulierte er unter anderem: "So, wie wir hier unten leben,/ müssen and're Ratten eben,/ die als Gäst' oder Migranten,/ auch die, die wir noch gar nicht kannten,/ die Art zu leben mit uns teilen!/ Oder rasch von dannen eilen!"

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Große Empörung

Das Gedicht hatte quer durch alle Parteien für massive Kritik gesorgt, ÖVP-Chef und Kanzler Sebastian Kurz hatte ebenso eine Distanzierung gefordert wie Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Auch internationale Medien wie die BBC und "Politico" griffen das Thema auf. Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob sie ein Verfahren wegen des Verdachts auf Verhetzung einleitet.

FPÖ-Vizebürgermeister tritt nach Gedicht zurück.
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Am Montag wollte der Verfasser noch keine persönlichen Konsequenzen ziehen. Er schrieb in einer Aussendung davon, dass er niemanden verletzen oder beleidigen wollte. Er habe nur provozieren wollen und dabei missachtet, "dass der Vergleich von Mensch und Ratte historisch belastet und mehr als unglücklich ist". Das tue ihm aufrichtig leid.

Innerparteilicher Druck

Innerparteilich wurde dem Vizebürgermeister aber nach STANDARD-Informationen am Dienstag der Rücktritt nahegelegt, der nun auch erfolgt. Auch Kurz soll entsprechenden Druck auf Vizekanzler Strache ausgeübt haben. Offiziell heißt es freilich, Schilcher habe seine Entscheidung von sich aus getroffen.

In einer Stellungnahme erklärte Kurz: "Der Rücktritt des Vizebürgermeisters von Braunau war die einzig logische Konsequenz zu diesem abscheulichen und rassistischen Gedicht. Der klare Schritt des Vizekanzlers und der FPÖ-Spitze war notwendig und richtig."

Schaden von der Partei abwenden

Strache erklärte, der Schritt sei erfolgt, "um Schaden von der Partei abzuwenden". Das "Rattengedicht" stelle ein Fehlverhalten dar, das nicht mit den Grundsätzen der FPÖ vereinbar sei. "Er hat im wahrsten Sinn des Wortes in den politischen Müll gegriffen." Oberösterreichs FPÖ-Chef und Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner erklärte auf Anfrage, dass er den Rücktritt "zur Kenntnis nehme". Zu Rücktrittsaufforderungen der Landes-SPÖ in seine Richtung merkte er nur an: "Nicht alles, was geschmacklos ist, ist ein politischer Skandal." Die SPÖ solle sich um die "wirklich wichtigen Probleme und Sorgen der Menschen kümmern und zur Sachpolitik zurückkehren".

Der SPÖ, den Neos und der Liste Jetzt reicht die Erklärung von Kurz jedenfalls nicht. Jetzt-Klubobmann Bruno Rossmann forderte den Kanzler auf, die "Reißleine zu ziehen" und die Koalition mit der FPÖ zu beenden. Selbiges gelte für die Landeshauptleute in Oberösterreich und dem Burgenland, wo die FPÖ mitregiert. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried forderte den Kanzler auf, "diesen Spuk" zu beenden. Und auch für den Vizeklubchef der Neos, Nikolaus Scherak, bringt die Distanzierung "herzlich wenig". Derartige Aussagen seien offensichtlich im Kern der FPÖ drinnen.

Blaue steirische Parteijugend postet

Aktuell für Diskussionen auf Facebook sorgt allerdings auch der Ring Freiheitlicher Jugend Steiermark, der auf Werbematerial finstere Gestalten mit langer Nase zeigt. Eine Hakennase gilt als klassisches antisemitisches Stereotyp.

Im Jahr 2012 hatte auch Strache für Aufregung gesorgt, als er einen Cartoon teilte, auf dem ein Banker zu sehen war, der in der FPÖ-Version eine längere Nase als im Original hatte. Zudem wurden die Manschettenköpfe des Bankers durch Davidsterne ersetzt. Strache wollte damals keine Ähnlichkeiten zu Nazi-Hetzschriften der 1930er- und 1940er-Jahre erkennen. (Günther Oswald, 23.4.2019)