Wien – Michael Ley ist islamkritischer Politologe, Soziologe und Autor. Am 13. Februar nutzte er die erste öffentliche Veranstaltung der von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) gegründeten "Ideenfabrik" namens "Denk zukunftsreich", um sein neues Buch Islamischer Antisemitismus bei einer Podiumsdiskussion zu bewerben. Eine Werbung, die ihn nun mit einer Anklage wegen übler Nachrede vor Richter Gerald Wagner gebracht hat.

Geklagt wurde der 64-jährige Ley von Farid Hafez, ebenfalls Politikwissenschafter. Die Frage, um die sich das Verfahren dreht, könnte aus einem recht simplen Intelligenztest stammen, wenn sie abstrakt formuliert wird. "Alle A sind B" und "C ist ein A" würden die Aussagen lauten, aus denen logisch folgern würde, dass "C ein B" ist.

Simples Gesetz der Logik

Im konkreten Fall behauptete Ley bei der Diskussion unter anderem Folgendes: "Ziel der Muslimbrüder ist die Vernichtung des Judentums. Herr Hafez ist ein Muslimbruder", wie der Richter dem Angeklagten vorhält. Nach den Gesetzen der Logik scheint es also eindeutig, dass Ley seinem Kontrahenten vorgeworfen hat, er habe die Vernichtung des Judentums als Ziel. Was der Angeklagte aber leugnet.

Seine Verteidigerin Eva Maria Barki hält in ihrem Eröffnungsplädoyer das Ganze überhaupt für ein "sehr merkwürdiges Verfahren". Aus ihrer Sicht habe Hafez nur geklagt, "um Kritik am Islam zu unterbinden". Eine Aussage, die vom offenbar primär aus Ley-Sympathisanten bestehenden Publikum zustimmend aufgenommen wird.

Der Angeklagte argumentiert, dass er Hafez persönlich nie Antisemitismus vorgeworfen habe. Eine Nähe zur Muslimbruderschaft des Politikwissenschafters sieht er aber. Zum Beleg hat er ein von Hafez verfasstes Buch über islamisch-politische Denker mitgebracht. Drei der darin Beschriebenen seien Muslimbrüder, sie würden nur positiv dargestellt, argumentiert Ley: "Wer so über Muslimbrüder schreibt, verteidigt deren Ideologie."

Politikwissenschaftliche Lehrminuten

Der Richter lässt die politikwissenschaftlichen Lehrminuten geduldig über sich ergehen, hält dann aber fest, dass das nichts mit den inkriminierten Sätzen zu tun habe. Dass zumindest Teile der Muslimbruderschaft antisemitisch seien, sei unbestritten, Wagner würde aber gern einen Beweis sehen, dass der Privatankläger entweder ein Muslimbruder sei oder die Vernichtung des Judentums beabsichtige.

Verteidigerin Barki versucht, diesen Beweis unter anderem mit den Behauptungen zu erbringen, dass Kläger Hafez die "Muslimische Jugend Österreich" (MJÖ) mitbegründet habe und Vorträge beim "Muslimischen Studentenverband" hält. Die Behauptung, die MJÖ habe mit der Muslimbruderschaft zu tun, hält sich in rechten Kreisen hartnäckig, in mehreren Prozessen wurde der Organisation das Gegenteil bestätigt. Darüber hinaus kann Richter Wagner auch hier keine Relevanz für den aktuellen Fall erkennen.

Kurze Befragung

Die Zeugenbefragung von Hafez durch seine Rechtsvertreterin fällt recht kurz aus. "Sind Sie Muslimbruder?" – "Nein." – "Sind Sie Antisemit?" – "Nein."

In ihren Schlussworten bleibt Barki dabei: "In Fachkreisen" wisse man, dass der Kläger ein Muslimbruder sei. Und: "Die Mainstreammedien sind nicht gegen die Muslimbruderschaft. Die Muslimbruderschaft wird zum Teil hofiert von den Mainstreammedien."

Wagner spricht Ley schuldig und verurteilt ihn zu 80 Tagessätzen á 30 Euro, also 2400 Euro, Geldstrafe, die Hälfte davon ist bedingt. Der Angeklagte legt Berufung ein, die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 24.4.2019)