Der Krieg ist vorbei, die Soldaten abgezogen. Doch vieles liegt in Trümmern und die Bevölkerung fühlt sich von Regierung und internationaler Gemeinschaft vernachlässigt. Es ist offenkundig, dass modernere Kriegs- und Konfliktsszenarien wie etwa Afghanistan oder der Irak Pate standen für Rebel Inc. (Android, iOS – Free2Play). Es ist das neueste Werk des Studios Ndemic Creations, das Spieler einst in Plague Inc. gefährliche Krankheitserreger in Umlauf bringen ließ, um die Menschheit auszurotten.

Die neue Mission steht derlei Zielen diametral gegenüber. Man leitet eine Wiederaufbauoperation, die das Ziel verfolgt, einen vom Krieg gezeichneten Landstrich zu stabilisieren und den fragilen Frieden abzusichern. Eine Aufgabe, die in den ersten Spielminuten leicht erscheint, aber schnell zur Schwerarbeit an verschiedenen Fronten ausartet.

Die fünf kostenlos spielbaren Missionen.
Screenshot: Rebel Inc

Wie funktioniert es?

Auf der in Sektoren unterteilten Karte wählt man einen Standort für das Hauptquartier und macht sich anschließend daran, verschiedene Initativen ins Rollen zu bringen. Dazu zählen zivile Verbesserungen,wie etwa die Wiederherstellung der Versorgung mit Strom, Wasser und Telekommunikation, die Eröffnung von Schulen, medizinische Grundversorgung oder Wirtschaftsinitiativen.

Auch in staatlicher Hinsicht muss nachgerüstet werden. Sei es durch die Entsendung von Bezirksrepräsentanten, den Aufbau lokaler Sicherheitskräfte oder die Einführung universeller Rechtssprechung. Doch so einfach ist es dann nicht. Wer zu schnell in zu viele Programme investiert, treibt die Inflation hoch, was weitere Initiativen umso teurer macht. Und mit fast jedem Geldfluss finden sich auch immer wieder korrupte Beamte, die die Hand aufhalten. Es gilt, sich immer wieder auch mit dem Problem der Korruption zu befassen.

Mit Schulen, Krankenhäusern – und Waffen

Als wäre das noch nicht genug, treten schließlich auch Aufständische auf den Plan. Hat man einige Monate immer mehr Anhänger gesammelt, bilden sie die Gegenbewegung, die die Aufbauoperation um jeden Preis zu Fall bringen wollen. Ab diesem Punkt sind auch militärische Maßnahmen Teil des Spieles. Zu Beginn schickt man eine internationale Einheit der nicht näher ausgeführten "Koalition" in die Schlacht. Doch sie allein kann den Widerstand auf Dauer nicht in Schach halten.

2002: Nach einem Jahr beginnt die Operation, erste Erfolge zu zeigen und Sektoren abseits des städtischen Bereichs zu erschließen.
Screenshot: Rebel Inc

Es heißt also: Aufrüsten. Das Spiel erlaubt die "Bestellung" weiterer Koalitionstruppen, aber auch die Ausbildung einheimischer Soldaten. Während erstere auf Daier für ein Imageproblem sorgen – die Präsenz fremder Soldaten sorgt für Unmut in der Bevölkerung – lassen sich zweitere zwar dauerhaft ohne Probleme einsetzen, sie kosten aber mehr, ihre Ausbildung dauert länger und sie kämpfen weniger effektiv. Nachteile, die sich erst langfristig über die Einrichtung von Stützpunkten, der Aufrüstung des Equipments und auch Luftunterstützung ausmerzen lassen.

Sektor für Sektor

Gekämpft wird, indem man eigene Einheiten in von Rebellen besetzte sowie angrenzende Zonen verschiebt. Geschlagene Aufständische fliehen in angrenzende Gebiete, sofern sich dort nicht eine eigene Basis oder andere Einheit befindet. Erst wenn sie geschlagen werden und keinen Ausweg mehr haben, sind sie besiegt. Regelmäßig muss man sich allerdings mit zufällig in anderen Sektoren aufpoppenden Widerstandsgruppen herumschlagen – und darf während der Feldzüge dennoch nicht auf den zivilen Fortschritt verzichten.

Und neben dem "Tagesgeschäft" warten immer wieder Ereignisse auf, zu denen man eine Entscheidung fällen muss. Und verschiedene Berater bieten dann auch noch unterschiedliche Vor- und Nachteile bzw. Spieloptionen.

Das Spiel kennt neben dem Budget zwei wichtige Währungen: Stabilität und Ansehen. Ziel ist es, vollständige Stabilität herzustellen, ohne dass der eigene Ruf den Nullpunkt erreicht. Wer nicht schnell genug Zonen stabilisiert oder die Aufständischen zu lange gewähren lässt, landet dort flotter, als gedacht. Oft zeigt sich die frühe Einrichtung einer PR-Abteilung dabei als Retter in der Not des drohenden Verfalls der öffentlichen Meinung.

Acht Jahre später ist ein guter Teil des Landstrichs stabilisiert, doch die Aufständischen haben in den Bergen einiges Territorium erobert.
Screenshot: Rebel Inc

Was ist gelungen?

Das Game ist recht einsteigerfreundlich gehalten. Beim ersten Versuch ist man zwar fast noch zur Niederlage verdonnert, danach hat sich das Spielprinzip aber gut manifestiert. Wer bereits Plague Inc. gespielt hat, wird sich ohnehin schnell zuhause fühlen, denn in vielen Aspekten funktioniert Rebel Inc. ähnlich.

Loben darf man auch das Interface. Die Menüs sind übersichtlich und ohne großem "Schnickschnack". Die restliche Präsentation ist ebenfalls geglückt. Handgezeichnete Karten und einfache Icons bilden mit atmosphärisch-unauffälligem Soundtrack eine gute Harmonie. Hinzu kommt, dass der kostenlose Spielumfang über mehrere Stunden geht.

Käufliche Zusatzinhalte, wie Statistiken oder andere Berater, schaffen Mehrwert, bieten aber per se keine spielerischen Vorteile (wobei auch das verschmerzbar wäre, ist es doch ein reiner Singleplayer-Titel). Wer die Standardkarten im höchsten Schwierigkeitsgrad meistert, kann weitere Sondermissionen kostenlos freischalten.

Die Operationsmenüs erinnern nicht ganz zufällig an "Plague Inc."
Screenshot: Rebel Inc

Was ist weniger gelungen?

Teilweise ist der Zufallsfaktor dank, mit Ausnahme von Militäreinheiten, indirekten Steuerung zu hoch. Nicht nur ist völlig unvorhersehbar, in welchen Gebieten die Aufständischen ihre ersten Angriffe schlagen, auch wo Militärstützpunkte errichtet werden, kann der Spieler nicht selbst definieren, sondern nur unregelmäßige Vorschlage annehmen oder ablehnen. Weil diese aber für die militärische Eindämmung des Aufstands essenziell sind, kann der Schwierigkeitsgrad einer Mission mit Pech dadurch in frustrierende Gefilde ansteigen, selbst wenn man nicht im "brutalen" Modus spielt.

Und wenngleich das Game einige heikle Themen tangiert – reichend von Korruption über Frauenrechte bis hin zu zivilen Opfern von Luftschlägen – ist die Schablone darüber klar in Gut und Böse geteilt. Selbst wenn man als Berate einen korrupten Schmuggler einsetzt, ändert sich daran nichts. Der Aufstand ist stets destruktiv und demontiert in von ihm eroberten Gebieten bereits errichtete Infrastruktur mit der Zeit wieder ab.

Die Operation war erfolgreich, es hat mit Ach und Krach (Reputation 9) noch zu einem Friedensvertrag gereicht.
Screenshot: Rebel Inc

Die Grauzone fehlt ebenso, wie eine gleichwertige Option des militärischen Sieges. Erst die Ansetzung demokratischer Wahlen und ein unterzeichneter Friedensvertrag befreien den Spieler vom Joch der Aufständischen in relativ schneller Zeit. Zögert man diesen zulange hinaus, stärkt Rebel Inc. aufständische Einheiten und lässt neue Widerstandsnester entstehen, durch die eine bislang sehr erfolgreiche Operation flott kippen und der eigene Highscore massiv leiden kann.

Man mag das als realistisch ansehen, es bringt aber geübte Strategen mitunter um die Früchte ihrer Arbeit. Militärisch zu gewinnen und das Gebiet vollständig zu stabilisieren, während man sich immer weiter mit neuen Aufständischen plagt, ist die um einiges teurere, langwierigere und riskantere Variante.

Fazit

Wer Plague Inc. mochte, wird Rebel Inc. ebenfalls schnell ins Herz schließen. Ungeachtet der erwähnten Defizite, die mit Abstand des Zufallsfaktors als Kritik auf hohem Niveau gelten dürfen, unterhält das Spiel kostenlos über viele Stunden, ohne den Spieler mit Mikrotransaktionen zu nerven oder etwas anderes als Eigenwerbung anzuzeigen. Wer dann Lust auf mehr hat, findet ein recht faires Preismodell, um sich weiter dem Peacemaking zu widmen. Eine klare Empfehlung für alle, die ein spannendes Game für ihr Handy oder Tablet suchen. (Georg Pichler, 24.04.2019)

Update, 25.4.: Korrektur bzw. der Möglichkeit eines militärischen Sieges.