Schulden seien das "Unsozialste", was ein Staat seinen Bürgern antun könne, meint Kanzler Kurz. Fortan wolle man schwarze Zahlen nach Brüssel melden.

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Wien – Die Regierungsspitze hat sich am Mittwoch nach dem Ministerrat ob des beschlossenen Stabilitätsprogramms hocherfreut gezeigt. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach angesichts dessen, dass keine neuen Schulden mehr eingemeldet werden, von einer "Trendwende". "Seit 1954 erstmals keine neuen Schulden zu machen, das ist keine Selbstverständlichkeit", ergänzte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Schulden seien das "Unsozialste", was ein Staat seinen Bürgern antun könne, "aber auch, was er den nachfolgenden Generationen antun kann", sagte Kurz im Presserfoyer nach der Regierungssitzung. Das Erreichen des Nulldefizits sei keineswegs nur der Konjunktur geschuldet sei: "Ich bitte um einen Funken Objektivität", sagte Kurz. Denn wenn man zurückblicke, so habe es auch in der Vergangenheit wirtschaftlich "sehr starke Jahre" gegeben.

Aber damals sei eines immer gleich geblieben: "Es gab immer neue Schulden. Es gab schon viele Jahre in der Geschichte, wo die Konjunktur gleich gut oder besser war als im vergangenen Jahr – und trotzdem wurde immer mehr ausgegeben. Insofern kann man stolz sein, dass es uns als Bundesregierung gelungen ist, diese 60 Jahre andauernde Schuldenpolitik zu stoppen", noch dazu bei "gleichzeitiger Steuerentlastung".

Maastricht-Ziel für 2023 angepeilt

"Ja, da sind wir wirklich froh, aber auch stolz darauf", sagte Strache über die Budgetdaten. "Die Stabilitätsdaten stellen sicher, dass wir keine neuen Schulden machen." Zwar sei es "vollkommen richtig, wenn immer behauptet wird, es liegt an der guten Konjunktur – ja, auch", räumte er ein. "Aber in der Vergangenheit haben die Sozialisten bewiesen, dass es auch für sie bei guter Konjunktur kein Problem war, Steuergeld zu verschwenden." Die Regierung löse mit dem Stabilitätsprogramm ein zentrales Wahlversprechen ein, nämlich die "Schuldenpolitik der Vergangenheit nicht fortzusetzen".

"Es ist eine klare Trendwende", sagte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Die Regierung stehe "klar für Entlastung". Man schaffe damit auch die Basis dafür, "dass wir dafür sorgen können, dass die Österreicher mehr Netto zur Verfügung haben werden". Es werde nun darum gehen, dass man bei Reformen und Einsparungen im öffentlichen Bereich der Verwaltung "sehr konsequent" sei. Erfreulich sei auch, dass die Schuldenquote im Jahr 2023 erstmals unter 60 Prozent des BIP fällt. Damit sei Österreich ein "Vorzeigemodell".

Auch Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) zog einen Vergleich zu vorherigen Regierungen: "In der Vergangenheit hat Österreich ständig Defizitzahlen nach Brüssel gemeldet. Nun zeichnet sich endlich eine Trendumkehr an – und dieses Mal werden wir durchgehende Budgetüberschüsse nach Brüssel melden." Außerdem werde es bis 2023 einen "kontinuierlichen Schuldenabbau" geben. "2023 wird Österreich erstmals seit 1995 sämtliche Maastricht-Kriterien erfüllen", sagte Fuchs.

Zum Vergleich: Deutschland hatte im Vorjahr trotz eines kräftigen Schuldenabbaus die EU-Vorgaben nur knapp verfehlt. Der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP lag zum Jahresende bei 60,9 Prozent. Im Gegensatz zu Österreich will Deutschland bereits 2019 erstmals seit 17 Jahren wieder die EU-Regeln einhalten.

Konjunktur muss mitspielen

Die türkis-blauen Budgetpläne stützen sich vor allem darauf, dass die Wirtschaft weiterhin wächst. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) prognostiziert für das laufende Jahr ein Plus von 1,7 Prozent und für 2020 von 1,8 Prozent. Das Institut für Höhere Studien (IHS) rechnet mit 1,5 Prozent für 2019 und 1,6 Prozent für 2020.

Den Rotstift ansetzen will Löger bei staatlichen Fördermitteln und der öffentlichen Verwaltung. Darüber hinaus will er bei den Ausgaben auf die Bremse treten. Die Steuern- und Abgabenquote soll in den kommenden fünf Jahren auf 40,4 Prozent schrumpfen. Parallel dazu arbeitet die Regierung an einer Steuerreform im Ausmaß von 4,5 Milliarden Euro, die in Etappen kommen soll. (APA, Reuters, 24.4.2019)