Wien – Die Volksanwaltschaft könnte bald komplett neu besetzt sein: Die sechsjährige Amtsperiode der drei Volksanwälte endet am 30. Juni. Fix ist bereits, dass der von der SPÖ nominierte Günther Kräuter abgelöst wird. Auch Gertrude Brinek (ÖVP) wird nicht mehr Teil des Teams sein. Am Mittwoch deutete nun auch Peter Fichtenbauer (FPÖ) an, dass er sich zurückziehen könnte.

Im Jänner hatte sich Fichtenbauer noch an einer weiteren Periode interessiert gezeigt. Er verspüre starke Lust, wieder als Rechtsanwalt zu arbeiten, sagte er nun aber auf Nachfrage bei einer Pressekonferenz. Er sei kein "Sesselkleber". Wenn die Parteiführung anderen Menschen Raum schaffen wolle, "bin ich dem überhaupt nicht feindlich gestimmt", sagte Fichtenbauer. "Aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen", betonte er.

Fixer Wechsel bei SPÖ

Fix ist dagegen bereits, dass Kräuter nicht mehr nominiert wird. Kräuter, dem ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz nachfolgen wird, zeigte sich enttäuscht über seine Ablöse: "Ich hätte gerne eine zweite Amtsperiode gemacht, weil ich mit Leidenschaft Volksanwalt bin", sagte er. "Das ist mir nicht ermöglicht worden." Parteipolitische Hintergründe für die Entscheidung kenne er "natürlich keine". Generell ziehe er aber eine positive Bilanz. Als Erfolg nannte er etwa die Reform des Heimopferrentengesetzes.

Die Mitglieder der Volksanwaltschaft werden vom Nationalrat gewählt, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Das Vorschlagsrecht haben die drei mandatsstärksten Parteien. Brinek, die nicht mehr nominiert werden kann, da sie bereits zwei Perioden absolviert hat, versicherte, noch nicht zu wissen, wer ihr nachfolgen könnte.

Bilanz der drei Volksanwälte

Die drei Volksanwälte zogen bei der Pressekonferenz Bilanz über das vergangene Jahr. Insgesamt wandten sich 2018 rund 16.000 Menschen an die Volksanwaltschaft, durchschnittlich gab es also 66 Beschwerden pro Arbeitstag. 2017 waren es rund 2.000 Beschwerden mehr, heuer zeichne sich allerdings wieder ein Anstieg ab, sagte Fichtenbauer.

In knapp der Hälfte aller Fälle veranlasste die Volksanwaltschaft eine Überprüfung. In den restlichen Fällen gab es entweder keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Missstand oder die Volksanwaltschaft war nicht zuständig.

Rund 30 Prozent aller Prüfverfahren betrafen den Bereich Arbeit, Soziales und Gesundheit – insbesondere Mängel im Bereich des AMS, der Pflegegeldeinstufung sowie rund um das Pensionsversicherungsrecht. An zweiter Stelle rangierten Beschwerden über den Bereich Innere Sicherheit (23 Prozent) mit Schwerpunkten auf das für erstinstanzliche Asylverfahren zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und das für Rechtsmittel in Asylverfahren zuständige Bundesverwaltungsgericht. 19 Prozent der Beschwerden betrafen die Justiz. Im Schnitt erhielten die Betroffenen innerhalb von 44 Tagen eine Information über das Ergebnis der Prüfung.

Unangekündigte Kontrollen

Die Experten-Kommissionen der Volksanwaltschaft führten außerdem 520 – großteils unangekündigte – Kontrollen in Justizanstalten, Polizeianhaltezentren, Alten- und Pflegeheimen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe durch. In 82 Prozent der präventiven Kontrollen gab es Beanstandungen der menschenrechtlichen Situation – "kleinerer oder größerer Natur", da gehe es etwa auch um Zugänge, wie Fichtenbauer sagte.

Kritik übte Fichtenbauer an der Neuerung, wonach die elektronische Wohnsitzanmeldung (etwa über die App "Digitales Amt") für Österreicher ohne Unterschrift des Unterkunftgebers möglich ist. "Das wird hundertprozentig zu Missbrauch führen", glaubt er. Er sei überzeugt davon, dass das noch korrigiert werde. Auch zu wenig Personal sowie bauliche Mängel in Polizeiinspektionen beanstandete Fichtenbauer

Brinek übte indessen scharfe Kritik am Zustand der Justizanstalten: So sei beispielsweise die größte Haftanstalt in Wien-Josefstadt seit Jahren dauerhaft überbelegt. Außerdem seien die Räumlichkeiten in schlechtem Zustand und es gebe ein viel zu geringes Beschäftigungsangebot. Besonders problematisch seien die langen Einschlusszeiten. "Die nächste Volksanwaltschaft hat noch Arbeit genug", stellte Brinek fest. "Die Probleme werden sicher nicht weniger." (APA, 24.4.2019)