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Wer sich schlau macht, kann in Österreich für kleines Geld telefonieren und im Netz surfen.

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Fällt im Gespräch das Wort Handytarife, dann geraten Besucher aus Deutschland schon einmal ins Schwärmen. Für sie ist Österreich ein wahres Mobilfunkparadies – ein Land der niedrigen Preise und der exzellenten Netzabdeckung. Wie beides zusammengeht? Für das Netz sorgen die großen Player am Markt – A1, T-Mobile und "3". Davon profitieren die Diskonter, die sich in deren Netze einmieten, seit vier Jahren mit Kampftarifen den Markt regelrecht aufmischen und bereits weit über eine Million Schnäppchenjäger als Kunden gewinnen konnten. Österreich gilt daher als einer der umkämpftesten Mobilfunkmärkte Europas.

Den drei großen Handynetzbetreibern ist bisher nur wenig eingefallen, um den Zulauf zu den Billiganbietern zu stoppen. Jährliche Preiserhöhungen für Bestands- und Neukunden, um den Kundenrückgang zu kompensieren, befeuerten sogar das Geschäft der Diskonter.

Kommt 5G für Diskonter?

Das soll sich mit der Einführung von 5G aber ändern. Derzeit ist zwar nur ein kleines 5G-Netz bei T-Mobile in Betrieb. Der Mobilfunker gilt damit als europäischer Pionier, nutzt es aber hauptsächlich für Marketingzwecke. Anfang 2020 werden 5G-taugliche Smartphones zur Verfügung stehen, und dann soll die neue Mobilfunktechnologie in den Landeshauptstädten und Ballungsräumen verfügbar sein. 5G lockt mit Mobilfunkkunden bisher unbekannten Internetgeschwindigkeiten. Ein Spielfilm etwa lasse sich binnen weniger Sekunden aus dem Netz herunterladen, so das Verkaufsargument.

Ob und wann Diskonter ihren Kunden 5G anbieten können, ist derzeit noch unklar. Da sie über keine eigenen Netze verfügen, sondern lediglich als Untermieter fremde Mobilfunknetze nutzen, sind sie auf den guten Willen der großen Anbieter angewiesen. "Zum Thema gibt es derzeit keine Entscheidung", heißt es dazu auf STANDARD-Anfrage bei T-Mobile. Auf 4G, auch LTE genannt, mussten Kunden von Billiganbietern bis zu eineinhalb Jahre warten.

Hot mit 850.000 Kunden

Das könnte für Hot, den erfolgreichsten Diskonter des Landes, ein Problem werden. Ohne 5G könnte das Unternehmen, ein Untermieter von T-Mobile, an Fahrt verlieren. Seit 2015 ist seine Kundenzahl auf mehr als 850.000 Nutzer gewachsen. Zum Vergleich: Marktführer A1 zählt 5,3 Millionen Kunden. In den vergangenen Wochen sorgte Hot mit einer selten gesehenen Preisreduktion von vier Euro für Aufsehen in der Branche. Zusätzlich kündigte Firmenchef Michael Krammer an, in das Geschäft mit Breitbandinternet für zu Hause einzusteigen. Der Start eines entsprechenden Tarifs mit unlimitiertem Datenvolumen und Routern ist für den Sommer geplant.

Geschäftszahlen der heimischen Mobilfunker.

Neben Hot legt auch Spusu ein beachtliches Wachstum hin. Laut eigenen Angaben hat das Unternehmen mehr als 200.000 SIM-Karten in Umlauf gebracht. Dabei setzt man auf eine einfache Strategie: Spusu versucht immer, der günstige Anbieter auf dem Markt zu sein. Dementsprechend stellt die Firma beinahe wöchentlich neue Tarife vor. Der "3"-Untermieter sorgte für Aufsehen, als er um 1,8 Millionen Euro regionale 5G-Frequenzen ersteigerte. Damit sollen nun Gemeinden in Niederösterreich und dem Burgenland versorgt werden. Erklärtes Ziel des Unternehmens ist es, der vierte große Netzbetreiber des Landes zu werden. Die dafür benötigten Funkfrequenzen für eine österreichweite 5G-Versorgung werden 2020 versteigert.

38 Mobilfunker am Markt

Der Erfolg von Hot und Spusu lockt weitere Unternehmen an, sich als Mobilfunker zu versuchen. Anfang April brachte der niederösterreichische Energieversorger EVN sein Angebot Kabelplusmobile an den Start. Damit wetteifern 38 Anbieter um Kunden am österreichischen Mobilfunkmarkt, darunter kaum bekannte Marken wie Goood oder Lycamobile. Der intensive Wettbewerb führte dazu, dass die Elektroketten Mediamarkt und Saturn den Betrieb ihrer Mobilfunker mit Ende März einstellten.

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38 An ieter rittern um Kunden.
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Von der Bildfläche werden ab Mai aber auch die bekannten Marken T-Mobile und UPC verschwinden. Ein Ergebnis der Übernahme des TV- und Internetanbieters UPC durch T-Mobile im Jahr 2017. Der neue Markenauftritt wird am 6. Mai der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Mit dem 1,9 Milliarden Euro teuren Kauf versucht sich T-Mobile neu zu positionieren – als ein Unternehmen, das Mobilfunk, TV und Festnetz aus einer Hand anbietet.

T-Mobile hat mit einem Markenwechsel bereits Erfahrungen gesammelt. 2002 löste T-Mobile die Marke Max Mobil ab. Eine Änderung, die damals nicht bei allen Kunden gut ankam. Zu "deutsch" und "technokratisch", wurde moniert.

Abschied von T-Mobile

Tatsächlich fiel die Entscheidung in der Bonner Konzernzentrale der Deutschen Telekom quasi über Nacht. Der Markenwechsel beflügelte allerdings die Konkurrenz. So verzeichnete der damalige Diskonter Telering einen beachtlichen Kundenzuwachs. Er wurde im Jahr 2005 dann schließlich selbst von T-Mobile für 1,3 Milliarden Euro übernommen.

Auch der Marktführer A1 und der drittgrößte Mobilfunker "3" versuchen, sich neu aufzustellen. Dafür werden neue Geschäftsfelder beackert und mobil quasi neu interpretiert: Beide verkaufen E-Scooter. Nach eigenen Angaben hat "3" im Jahr 2018 eine gute halbe Million Euro Umsatz mit den Rollern erzielt. "3"-Chef Jan Trionow sieht sein Unternehmen als größten Verkäufer von E-Scootern im Jahr 2018 in Österreich. Hauptaugenmerk liege aber derzeit auf der Gewinnung von zahlungskräftigen Geschäftskunden im Mobilfunkbereich.

"Ordentliche Summe, die zurückverdient sein will"

A1, T-Mobile und "3" liegt derzeit schwer im Magen, dass sie bei der ersten 5G-Frequenzauktion im März mehr als geplant gezahlt haben. A1 legte 64,3 Millionen Euro auf den Tisch, bei "3" waren es 51,9 und bei T-Mobile 56,9 Millionen. "3" sprach von Preistreiberei, und bei T-Mobile hieß es, "das ist eine ordentliche Summe, die zurückverdient sein will". (Markus Sulzbacher, 25.4. 2019)