Arbeit gehört dazu, Familie und Freizeit aber auch.

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Wien – Das Thema Work-Life-Balance nehmen junge Menschen ernst. Zu ernst, wie so manche Unternehmer beklagen. Den Jungen fehle der Biss und vor allem die Lust, den Großteil ihres Lebens mit Arbeit zu verbringen, ist wiederholt zu vernehmen.

Eine neue Studie von Forschern der Uni Wien zeigt, dass der Eindruck nicht trügt: Jungen Österreichern ist Arbeit im Vergleich zu anderen Lebensbereichen wie Freizeit deutlich weniger wichtig als anderen Europäern. Untersucht wurde, welchen Stellenwert Arbeit im Leben junger Menschen in Europa hat und was diese Wertvorstellung prägt.

Bernhard Kittel und Fabian Kalleitner vom Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien haben in ihrer im Fachjournal "The Annals of the American Academy of Political and Social Science" veröffentlichten Arbeit gemeinsam mit griechischen Kollegen zwei verschiedene Dimensionen der Wichtigkeit von Arbeit unterschieden: einerseits ihre Bedeutung im Vergleich zu anderen Aspekten des Lebens wie Freizeit, andererseits die Bereitschaft zu arbeiten, auch wenn es aus finanziellen Gründen gar nicht notwendig wäre.

Dabei zeigte sich, dass 18- bis 35-jährige Österreicher im Vergleich zu Gleichaltrigen in ausgewählten anderen europäischen Ländern der Arbeit die geringste relative Bedeutung beimessen. "Nur in Spanien konnten wir vergleichbar geringe Werte wie in Österreich für diesen Wert feststellen", erklärte Kittel am Donnerstag.

Arbeiten, wenn es gar nicht nötig ist

Ganz anders war dagegen das Ergebnis auf die Frage "Würden Sie auch dann noch weiterarbeiten, wenn Sie einen Geldbetrag geerbt hätten, der Ihnen ein bequemes Leben bis ans Ende Ihrer Tage erlaubt?" Hier zeigten die Österreicher eine besonders enge Verbundenheit zur Arbeit und waren mehr als andere Europäer bereit weiterzuarbeiten, auch wenn sie es gar nicht mehr müssten.

Diese auf den ersten Blick paradox anmutenden Ergebnisse spiegeln für Kittel nur wider, dass die beiden Dimensionen sehr unterschiedliche Aspekte der Wichtigkeit von Arbeit für Menschen erheben: "Für junge Österreicher ist Arbeit ein selbstverständlicher Teil des Lebens, jedoch nicht mehr dominierend, sondern ein Aspekt neben anderen Lebensbereichen wie Familie und Freizeit."

Abhängig von der Quote

Der wichtigste Einflussfaktor, wenn es um die Bedeutung von Arbeit im Leben geht, ist übrigens das Elternhaus. Kittel: "Diese Einstellung wird also quasi kulturell vererbt." Doch noch weitere Erkenntnisse konnte das Team herausfinden. So zeigte sich, dass die relative Wichtigkeit von Arbeit besonders bei jungen Frauen stark von der Frauenbeschäftigungsquote in der Region abhing. Je höher die Quote, desto geringer die von Frauen empfundene Wichtigkeit von Arbeit. "Wenn also viele Frauen im sozialen Umfeld arbeiten", so interpretiert Kittel den Befund, "dann wird die weibliche Erwerbstätigkeit nicht mehr infrage gestellt und tritt in der Wahrnehmung ihrer Bedeutung in den Hintergrund." (red 25.4.2019)