FÜR
von Philip Pramer

Foto: APA/AFP/FREDERIC J. BROWN

Elon Musk redet und twittert viel, wenn der Tag lang ist – und seine Arbeitstage dauern 17 Stunden, sagt er. Gelingt es dem Tesla-Chef aber tatsächlich, schon nächstes Jahr selbstfahrende Taxis auf die Straße zu bringen, ist das nicht nur eine technologische, sondern vor allem eine soziale Revolution.

Ja, wir geben beim autonomen Fahren Selbstbestimmung ab, geben sie aber gleichzeitig Menschen, die sie bisher nicht hatten: Die Oma kann fahren, der Rollstuhlfahrer kann fahren genauso der Blinde oder Führerscheinlose. Das Kind aus Hintertupfing kann endlich das Gymnasium in Vorder tupfing besuchen, ohne auf eine umständliche Busverbindung angewiesen zu sein.

Irgendwann wird es uns vielleicht absurd erscheinen, dass Einzelpersonen Autos besessen haben, die 23 Stunden pro Tag unsere Städte verstellen und die restliche Stunde vier Sitze mit Luft darüber durch die Gegend kutschieren.

Anstatt die heilige Kuh in der Einfahrt stehen zu haben, könnte es bald günstiger sein, nur ihre Milch zu trinken. Autofahren wird das, was es sein sollte: unkompliziert von A nach B zu kommen. Alles, was am Autofahren nervt, könnte damit Geschichte sein: kein Rasen mehr zu roten Ampeln, keine SUVs in der Stadt und keine Angeber austattungen, keine Autofahrerclubs und keine Betonwüsten mehr vor Supermärkten. Aus Exparkplätzen könnten Wohnflächen, Parks und Spielplätze werden. Oder Schanigärten. Dort könnten wir in ein paar Jahren auf Elon Musks 17-Stunden-Tage anstoßen und dann angedüdelt mit dem Auto nach Hause fahren. Also uns fahren lassen.

WIDER
von Guido Gluschitsch

Foto: A / BIZ POL SCI AUT

Elon Musk also wieder. Dieser Jules Verne des aktuellen Jahrzehnts, dessen Anspruch es zu sein scheint, seine Zukunftsperspektiven irgendwann selbst in die Realität zu bringen. Er bringt nun als Erster die selbstfahrenden Taxis auf die Straße und damit die Antwort auf gleich mehrere brennende Fragen: Wie komme ich volltrunken nach Hause? Wie schaffe ich es, unfallfrei von A nach B zu kommen, ohne dabei den Blick vom Smartphone heben zu müssen? Wie kann ich meine Garage freibekommen, um dort mein Gerümpel zu stapeln? Wie kann ich dem miesepetrigen Gewäsch vieler Taxler entgehen? Und dann stellen wir uns in der gleichen Blase auch noch vor, dass alle Parkplätze in der Stadt zu grünen Oasen werden, weil keiner mehr ein Auto besitzt.

Alles wird besser, wenn Musk es nur schafft, seine Vision tatsächlich wie angekündigt 2020 zu realisieren.

Jetzt wissen wir aber, dass der gute Elon seinen eigenen Plänen gerne hinterherhinkt. Und das ist gut so. Weil vielleicht hat er dann noch Zeit, eine Lösung für das Pro blem zu finden, das sich durch seine selbstfahrenden Taxis erst auftut.

Denn wenn der Verkehr durch diese Vehikel all das wird – sauberer und komfortabler und sicherer –, weniger wird er sicher nicht. In den Staus werden dann nämlich nicht nur die Pendler stehen, sondern auch die Besoffenen, die ohne Führerschein und die selbstfahrenden Taxis, die leer spazieren fahren, um bald wieder Gäste aufzulesen. Oder die einfach nur herumfahren, weil es gar nicht genug öffentliche Parkplätze für all die herrenlosen Autos gibt.

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