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Wien – Seit 15 Uhr debattieren die Abgeordneten im Nationalrat eine dringliche Anfrage der SPÖ zu den Beziehungen der FPÖ zu rechtsextremen Gruppen wie den Identitären. Die Roten prangern an, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) trotzdem an der Koalition mit den Freiheitlichen festhält.

Beantwortet wurde die an den Regierungschef gerichtete Dringliche freilich nicht von Kurz selbst, weilt dieser doch in China, sondern von seiner Vertretung, die am Donnerstag just Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) war. Das ist insofern recht pikant, als in der Debatte auch ein Misstrauensantrag gegen ihn von der SPÖ eingebracht wird.

"Ihr seids ein Risiko"

SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried, der die "Dringliche" einbrachte, erklärte in seiner Rede, der Bundeskanzler, der sich seiner Ansicht nach vor der Sitzung des Nationalrats drücke, trage auch Verantwortung für den Koalitonspartner FPÖ. Doch die ÖVP schaue Vorkommnissen, wie dem sogenannten "Rattengedicht" des mittlerweile zurückgetretenen blauen Vizebürgermeisters von Braunau oder dem Teilen von extrem rechten Websiten durch den Vizekanzler selbst nur zu. Leichtfried befindet: "Ihr seids ein Risiko für unser Land!" Außerdem wollten die Roten wissen, ob es für Mitarbeiter in den Kabinetten der freiheitlichen Minister, die mit den Identitären sympathisieren, tatsächlich Konsequenzen gegeben habe.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erklärte postwendend, "niemand unterstützt Extremismus", die Unterstellungen seien folglich "haltlos". Überall dort, wo rote Linien überschritten würden, ziehe er "klare Konsequenzen". Dass er Inhalte geteilt habe, die den Holocaust befürwortet hätten, weise er "auf das Schärfste zurück". Denn das sei ein "gemeinsam zu verurteilender Wahnsinn", betonte der Vizekanzler.

Die FPÖ habe außerdem nichts mit den Identitären zu tun, sagte Strache. Folglich sei die dringliche Anfrage der Roten nichts anderes als ein "Sammelsurium an diversen ideologisch motivierten Weltuntergangsszenarien", mit denen die Partei nur Ängste schüre und zur Spaltung des Landes beitrage.

Bitte nicht anpatzen

Dass sogar der Bundespräsident anlässlich der jüngsten "Einzelfälle" bei den Freiheitlichen eine ernste Unterredung mit ihm als Parteichef gesucht hat, versuchte Strache als "üblichen monatlichen Gesprächstermin" darzustellen. Und der Brief von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zeige nichts anderes, als dass bei ihr "die Grenzen der konstruktiven Kritik" dort enden würden, "wo eine andere Meinung anfängt". Schließlich, befand Strache, wären alle "gut beraten", das seiner Ansicht nach immer noch gute Image Österreichs im Ausland "nicht anzupatzen".

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner entgegnete, durch die ständigen "Einzelfälle" in den Reihen der FPÖ würden die Grenzen des politischen und moralischen Anstands verschoben, das berge die "Gefahr der schleichenden Gewöhnung". Und genau das wolle man nicht zulassen, deshalb der Misstrauensantrag gegen den blauen Vizekanzler.

Über die DNA der FPÖ

Neos-Mandatar Niki Scherak erklärte, er habe es "satt", dass im Parlament dauernd darüber geredet werden müsse, "wo denn die rote Linie ist". Scherak zitierte eine Reihe von "Einzelfällen", die bei den Blauen in der jüngeren Vergangenheit vorgekommen sind, und kam zu dem Schluss: Zwar würden in vielen Fällen personelle Konsequenzen gezogen, das viel größere Problem sei aber, "offensichtlich ist es wesensimmanent in der DNA der FPÖ, dass Sie solche Leute anziehen".

Liste-Jetzt-Gründer Peter Pilz widmete seine Rede dem Onlineshop der Identitären, in dem diese ein T-Shirt zum Verkauf anbieten würden, auf dem neben dem ungarischen Premier Viktor Orbán und dem Chefin des rechtsextremen Ressemblement National, Marine Le Pen, auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache abgebildet ist. Pilz zufolge wurde das Kleidungsstück als Ausdruck der Bewunderung für die genannten Politiker beworben, die für die gemeinsame Sache kämpfen würden. Das T-Shirt wird mittlerweile nicht mehr zum Verkauf angeboten.

Pilz schlussfolgerte: Die Freiheitlichen seien heute die politische Geisel der Identitären. Man müsse hinterfragen, inwieweit die ÖVP mittlerweile Geisel der FPÖ sei.

Rote "Doppelmoral"

Die Koalition hat sich in der Debatte bezüglich der dringlichen Anfrage kräftig gegen die Angriffe der SPÖ zu Wehr gesetzt und zur Gegenattacke geblasen. "Doppelmoral" warf VP-Generalsekretär Karl Nehammer den Sozialdemokraten vor. FP-Klubobmann Walter Rosenkranz attestierte der SPÖ, keine parlamentarischen Mehrheiten zu akzeptieren, die nicht links seien.

Wichtig war es Nehammer zu betonen, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine klare Trennlinie zu extremistischem Gedankengut gezogen und diese auch vom Koalitionspartner eingefordert habe. Die FPÖ habe mit dem Vizekanzler an der Spitze dann auch eine klare Reaktion gezeigt.

"Etwas seltsam" fand der Generalsekretär, dass die rote Klubspitze mit Pamela Rendi-Wagner und Jörg Leichtfried sich so moralisch gebe: "Wie geht es Ihnen damit, dass Ihr Landeshauptmann in einer Koalition mit der FPÖ ist, empört Sie das nicht?", warf Nehammer fragend einen Blick ins Burgenland. Auch noch einmal vom VP-Mandatar hochgezogen wurde, dass jener ehemalige SPÖ-Mitarbeiter, der in der Silberstein-Affäre für antisemitische Inhalte auf Facebook mitverantwortlich war, wieder für die Sozialdemokraten arbeitet.

Rosenkranz würde Neos wählen

Rosenkranz konstatierte, dass die SPÖ einfach keine fähige Oppositionspartei sei und davon abzulenken versuche: "Ich würde als Regierungskritiker Neos wählen." Der SPÖ hielt er vor, nur anzupatzen, zu hetzen, zu verdrehen und die Gesellschaft zu spalten.

Der Nationalsozialismus sei und bleibe in Österreich verboten und werde geahndet, was gut sei. Allerdings müsse man sich auch gegen jede Form des Extremismus, etwa von links oder durch Islamisten wehren, die Nährboden für Straftaten seien. (red, 25.4.2019)