Wortmeldungen aus der Gruft: Tamara Stern versammelt Stimmen der dem Dichter Bertolt Brecht zu Diensten gewesenen Frauen.

Barbara Palffy

"Ich danke dir für die Photographie, auf der Du so schön dumm aussiehst." Charme war Bertolt Brechts Anliegen nicht. Er hat hingegen einiges dafür getan, die Frauen seines Kreativharems (hier ein Brief an seine Geliebte Paula Banholzer) schmählich klein zu halten. Und sie haben – heute kann man es sich kaum vorstellen – "freiwillig" mitgespielt. Aus diesem Konflikt entwickeln Tamara Stern (Konzept, Schauspiel) und Ernst K. Weigel (Regie, Bühne, Text) ein akustisch wie visuell verspieltes Theatersolo: Kein Groschen, Brecht!

Zünftige Rückblende

Eine Frau mit schwarzumrandeten Augen entsteigt einer Gruft und versammelt in sich fortan weibliche Stimmen, die dem Dichtergenie retrospektiv Saures geben. Brecht und die Frauen – das ist ein breitgewälztes Kapitel, und doch hat eine so zünftige Rückblende in der Post-MeToo-Ära noch gefehlt. Auch eingefleischte Brechtianer werden das Auftischen der Verlogenheiten aus "Johnnys Dichtfabrik" (Marieluise Fleißer) aushalten.

Wie eine Trillerpfeife hängt eine dicke Zigarre um Sterns Hals, die sie in Stellung bringt, wenn Brecht das Wort erhebt (im bayerischen Idiom), und die auch anspielungsreich in der Lendengegend zum Einsatz kommt. Mit computermanipulierter Stimme (vom Sauron-Ton bis zum Schlumpfine-Gesäusel) spielt Stern – entlang den Liedern der Dreigroschenoper – das Verhältnis Brechts zu den Frauen durch. Auch die Schmachtenden kriegen ihr Fett ab. (Margarete Affenzeller, 26.4.2019)