Tiroler Zahlenspiele: Um die Vier-Prozent-Hürde einzuführen, braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit im Gemeinderat und drei Viertel der Mandatare müssen anwesend sein.

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In ungewohnter Einigkeit präsentierten die fünf großen Innsbrucker Parteien kürzlich ihre Pläne zur Reform des Stadtrechtes. Die regierende Koalition aus Grünen, SPÖ, ÖVP und Für Innsbruck (FI) sowie die ebenfalls im Stadtsenat vertretene FPÖ wollen eine Vier-Prozent-Hürde für den Gemeinderat einführen – bisher war das Erreichen der Wahlzahl von rund 1200 Stimmen nötig. Zudem sollten die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung verändert werden, was konkret das Aus für die Stadtteilausschüsse in Vill und Igls bedeutet.

Gegen Ein-Mann-Parteien

Die Vier-Prozent-Hürde ist eine Reaktion der etablierten Parteien auf die drei seit den letzten Kommunalwahlen 2018 im Gemeinderat vertretenen Ein-Mann-Fraktionen Liste Fritz, Ali und Gerechtes Innsbruck. Man wolle damit einer "Zersplitterung" des Stadtparlamentes entgegenwirken, die zugleich dessen Arbeit behindere. Zudem würden diese Kleinstfraktionen vor allem "der Selbstdarstellung ihrer Protagonisten" dienen, lautete die Begründung.

Bei den betroffenen Kleinparteien und den Stadtteilausschüssen war die Aufregung dementsprechend groß. Gemeinderat Mesut Onay (Ali) spricht von "höchst undemokratischem Vorgehen" und einem "Armutszeugnis für die Grünen". Er saß bis 2017 noch selbst auf einem grünen Ticket im Innsbrucker Gemeinderat.

Bei der FPÖ machte Stadtparteiobmann Rudi Federspiel kein Hehl daraus, dass man sich mit der Vier-Prozent-Hürde eines lästigen Trittbrettfahrers entledigen will. Denn Gerald Depaoli, die One-Man-Show hinter Gerechtes Innsbruck, habe sein Wahlprogramm von den Blauen abgekupfert und sie Stimmen gekostet.

Am Donnerstagabend soll nun der Gemeinderat über die geplante Novelle abstimmen. Dabei traten aber plötzlich Probleme auf. Es bedarf einer Zweidrittelmehrheit, die sich allein mit den Stimmen der Regierungskoalition ausgegangen wäre. Außerdem haben die Neos, die mit zwei Mandatarinnen im Gemeinderat vertreten sind, ebenfalls ihre Zustimmung signalisiert.

Freiheitliche wollen sich enthalten

Doch die FPÖ gab wenige Stunden vor der Abstimmung überraschend bekannt, sich enthalten zu wollen. Damit könnte sie die Novelle zu Fall bringen, weil für eine Änderung des Stadtrechtes mindestens drei Viertel der 40 Gemeinderäte anwesend sein müssen. Die FPÖ und die drei Kleinparteien kommen auf elf Sitze. Bei einer Enthaltung gelten sie offiziell als nicht anwesend. Zur Zeit läuft die Gemeinderatssitzung in Innsbruck.

Und selbst wenn die Novelle heute Abend beschlossen werden sollte, droht eine weitere Hürde. Denn der Tiroler Landtag muss sie erst absegnen, bevor sie in Kraft treten kann. Und dort herrscht dem Vernehmen nach in der schwarz-grünen Koalition Skepsis. Denn die geplanten Änderungen in Innsbruck riefen bereits den Gemeindebund auf den Plan, der vor einer Ungleichbehandlung der anderen Tiroler Kommunen warnt. (Steffen Arora, 25.4.2019)