Macrons Löschversuche waren nicht von Erfolg getragen.

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Paris – Mit seinen neuen Ankündigungen hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Protestbewegung der Gelbwesten und eine Mehrheit der Bürger nicht überzeugt. Aktivisten kritisierten am Freitag, dass Macrons Vorstöße zu Steuersenkungen und mehr direkter Demokratie nicht dazu beitrügen, die Not im Land zu lindern.

Acht von zehn Franzosen glauben laut einer Umfrage nicht an ein Ende der Demonstrationen. Für Samstag sind neue Proteste mit Schwerpunkt in Straßburg angekündigt.

Macron hatte am Donnerstagabend in einer Rede und anschließenden Pressekonferenz zum zweiten Mal seit Dezember Stellung zu den mehr als fünfmonatigen Protesten gegen seine Reformpolitik genommen. Rund 8,5 Millionen Franzosen verfolgten die live im Fernsehen übertragene Veranstaltung. Dabei griff Macron auch Forderungen nach niedrigeren Steuern und mehr Bürgerbeteiligung aus der "nationalen Debatte" auf, an der sich von Mitte Jänner bis Mitte März rund 1,5 Millionen Menschen beteiligt hatten.

Benachteiligte behalten Nachteile

Konkret kündigte Macron eine "deutliche" Senkung der Einkommensteuer an. Von den Erleichterungen im Umfang von fünf Milliarden Euro sollen nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium ab Jänner fast 15 Millionen Haushalte profitieren. Zudem sollen Volksbefragungen erleichtert werden. Darüber hinaus will der Präsident die umstrittene Elitehochschule ENA "abschaffen" und bis 2022 auf die angekündigte Schließung von Schulen und Krankenhäusern in der Provinz verzichten.

Viele Gelbwesten äußerten sich nach dem Auftritt kritisch: Jacline Mouraud, eine Aktivistin der ersten Stunde, bemängelte, dass Macron nicht die Lage der wirklich Benachteiligten im Land verbessere: "Die großen Vergessenen der Nation sind die mittellosen Arbeiter und Bauern", erklärte sie.

"Ich pfeife auf die nächste Wahl"

Andere Mitglieder der Protestbewegung warfen Macron eine PR-Aktion vor. Die Ankündigungen nützten vor allem seinen Wähler aus der Mittelschicht, kritisierten sie. Politisches Kalkül hatte der Staatschef bei seinem Auftritt bestritten. Er "pfeife auf die nächste Wahl", sagte er. Die nächste Präsidentenwahl steht 2022 an.

In einer Umfrage sagten 63 Prozent der Franzosen, sie hätten Macron nicht überzeugend gefunden. Rund 80 Prozent gehen davon aus, dass die Gelbwesten weiter auf die Straße gehen werden, ergab die Befragung der Institute Harris Interactive und Epoka für die Sender LCI und RTL sowie die Zeitung "Le Figaro".

Zentraler Protestort soll am Samstag Straßburg sein. Im historischen Zentrum haben die Behörden Demonstrationen untersagt, da sie Ausschreitungen befürchten.

Mittelfinger des Staatschefs

Der Sprecher des Rassemblement National, Sebastien Chenu, sagte dem Sender BFM-TV, Macron habe den Gelbwesten den Mittelfinger gezeigt. Marine Le Pens Rechtspopulisten profitieren laut Umfragen am meisten von der schlechten Stimmung im Land. Sie liefern sich vor der Europawahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Präsidentenpartei La République en Marche.

Über die konkrete Umsetzung der Maßnahmen will die Regierung ab Montag beraten. Bereits im Dezember hatte Macron in einer ersten Antwort auf die Gelbwesten ein Maßnahmenpaket von zehn Milliarden Euro angekündigt, das unter anderem einen höheren Mindestlohn umfasst. Die Protestbewegung fordert seit Mitte November mehr soziale Gerechtigkeit und einen Rücktritt des Präsidenten. (APA, 26.4.2019)