Adi Gross radelte den Grünen davon.

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Bregenz – Ist es professionell, wenn man Konflikte nicht mehr offen austrägt, oder unehrlich? Diese Frage stellt sich nach der grünen Landesversammlung in Vorarlberg. Zwei Tage vor der Versammlung, bei der die Liste für die Landtagswahl am 22. September abgesegnet wurde, gab Klubobmann Adi Gross bei einer spontanen Pressekonferenz überraschend seinen Rücktritt bekannt.

Er mache Jüngeren Platz, sagte der 57-jährige Energieexperte, außerdem hätten die fünf Jahre im Landtag seine Gesundheit beeinträchtigt. Auf ärztlichen Rat ziehe er sich ab sofort zurück. Die Journalistinnen und Journalisten staunten, Fragen wurde nicht zugelassen.

Bei der Landesversammlung wurde die Arbeit des abwesenden Gross von Parteichef Johannes Rauch mehrfach gelobt. Er schickte Genesungswünsche, zeigte Verständnis. Er, der eine Krebserkrankung und ein Burnout hinter sich habe, wisse, wie das politische Geschäft an der Gesundheit zehre. Das Publikum bekundete seine Sympathie für Gross mit Standing Ovations. Die 117 Stimmberechtigten nahmen den Abgang ohne Diskussion hin. Es sollte ja nicht der Verdacht aufkommen, dass die Grünen streiten. Keiner fragte nach, was denn nun wirklich mit dem Adi sei.

Kein konfliktfreier Abgang

Die "Vorarlberger Nachrichten" scheinen es zu wissen. Chefredakteur Gerold Riedmann bekam eine Whatsapp-Nachricht zugespielt, in der Gross mitteilte, dass ihm die Parteifreunde die Unterstützung entzogen hätten. Seiner Entscheidung soll eine "untragbare Vorstandsentscheidung" vorangegangen sein, wurde Gross zitiert.

Die Nachricht sei über den Whatsapp-Verteiler der Grünen gelaufen, war in den "Vorarlberger Nachrichten" zu lesen. Stimmt nicht, sagt Gross, und auch aus dem Landhaus wird dementiert, dass es ein Grünen-Whatsapp-Verteiler war. Es sei eine Nachricht an seinen Freundeskreis gewesen, sagt Gross.

Keine Auskunft der Parteigranden gibt es zum von Gross thematisierten Vorstandsbeschluss. Gross sagt, die Entscheidung, den Platz freizumachen, habe er selbst gefällt. Weil er gemerkt habe, dass er am Limit seiner Kräfte angelangt sei. Gross nimmt sich eine Auszeit, will regenerieren.

Jetzt sind wieder die Medien schuld

Im Wahlkampf werde der Adi wieder an seiner Seite stehen, kündigte Rauch bei der Landesversammlung an. Dass der Wahlkampf längst begonnen hat, dürfte sich noch nicht bis in die Regierung durchgesprochen haben.

Gross war 2014 als Quereinsteiger aus dem Amt der Landesregierung, wo er als Klimaschutzbeauftragter arbeitete, zu den Grünen gewechselt. Zuerst eher farblos, entwickelte er sich zu einem kritischen, den Regierungspartner nicht immer schonenden Politiker. Rauch und der Klubobmann spielten in der Koalition mit der Volkspartei fünf Jahre lang "good cop, bad cop". Das Ende hatten sie schlecht geprobt.

Die grüne Reaktion auf das Gross-Leak ist eine in Politikerkreisen weit verbreitete: Statt Parteientscheidungen transparent und damit verständlich zu machen, wird auf die Medien geschimpft. (Jutta Berger, 29.4.2019)