Ein Bild mit Seltenheitswert im Frühjahr: die Austria am Jubeln.

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St. Pölten/Graz – Die Austria hat in der Fußball-Bundesliga das heuer fast gänzlich vermisste Glücksgefühl ausgekostet. Nach dem in praktisch letzter Sekunde eingefahrenen 2:1-Auswärtserfolg beim SKN St. Pölten am Sonntag feierten die Violetten, als hätten sie Großes erreicht. Trainer Robert Ibertsberger warnte nach dem ersten vollen Erfolg in der Meistergruppe dennoch vor zu großer Euphorie.

Die entscheidende Szene in der 94. Minute war nichts für schwache Nerven auf beiden Seiten. Alon Turgeman scheiterte per Elfmeter an St. Pöltens Christoph Riegler, bugsierte den Ball aus der darauffolgenden Szene aber mit dem Standfuß ins Netz. "So ein Last-Minute-Sieg ist immer schön, wenn er in unserer Situation passiert noch viel schöner. Das hat man glaube ich gesehen", sagte Verteidiger Michael Madl, der den Strafstoß mit seinem Vorstoß herausgeholt hatte.

"Vom Himmel sind wir noch sehr weit entfernt"

Ibertsberger blieb sachlich. Auf die Frage, ob seine Gemütslage bei Elfer von der Hölle in den Himmel geschnellt sei, winkte der 42-Jährige ab. "Vom Himmel sind wir noch sehr weit entfernt. Vielleicht haben wir ein paar Zentimeter abgehoben." Zumindest verflog der Ärger über den "für Torhüter idealen" Strafstoß. Dem im Doppel gegen St. Pölten dreimal erfolgreichen Turgeman mache er jedoch keinen Vorwurf. "In der Situation schießen, da möchte ich selbst auch nicht hingehen."

Für Ibertsberger war es der erste Sieg als Austria-Coach. Den Wienern gelang an den von Verletzungen geplagten St. Pöltner vorbei der Sprung auf den fünften Tabellenplatz, der zur Teilnahme am Europa-League-Play-off berechtigt. Ziel bleibt der dritte Platz, den der WAC durch einen Heimsieg über Salzburg vorerst abgesichert hat. Die Wolfsberger sind nun Vorbild, geht es für die Austria kommenden Sonntag doch im Heimspiel gegen den vor der Titelverteidigung stehenden Meister.

"Wir dürfen jetzt nicht in Euphorie fallen, sondern müssen den Ball flach halten und uns auf ein extrem schweres Heimspiel gegen Salzburg vorbereiten", sagte Ibertsberger. Um nach vorne schauen zu können müsste Zählbares her. "Auch wenn Salzburg auf uns wartet, müssen drei Punkte unser Ziel sein. Das hat der WAC vorgezeigt." Der Letsch-Nachfolger bastelte weiter an seiner Idealelf. Als "Input" für seine Mannschaft stand Ivan Lucic anstelle von Patrick Pentz im Tor. Dies habe nichts mit der Leistung des bisherigen Stammtorhüters zu tun, betonte Ibertsberger. Lucic dürfte dennoch vorerst im Gehäuse stehen.

In St. Pölten geht "das Leben weiter"

Für St. Pöltens Ranko Popovic ging "das Leben weiter. Wir brauchen uns nicht zu verstecken, im Gegenteil. Ich bin stolz, wie wir spielen", betonte der Serbe. Robert Ljubicic vergrößerte mit seiner Knieverletzung das Lazarett der Niederösterreicher. Diese wollen weiter unangenehm bleiben.

21 Zähler haben nach sechs Spielen der Meistergruppe nicht nur die Austria und St. Pölten, sondern auch Sturm Graz zu Buche stehen. Die Steirer lagen beim 2:3 gegen den LASK bis zur Pause auf Kurs, ehe die Linzer der Partie mit zwei Toren in der zweiten Spielhälfte eine Wende gaben. Der LASK bleibt abgesichert vor dem WAC auf dem zweiten Platz. Trainer Oliver Glasner sah das Ranking als nicht unwesentlichen Faktor. "Jetzt, wo es in den Endspurt geht, schauen die Spieler plötzlich auf die Tabelle. Wir wollten das Drumherum immer ausblenden", monierte der künftige Wolfsburg-Coach.

Glasners Pausenansprache saß jedenfalls. "Wir standen mit dem Rücken zur Wand, wenn man fünf Spiele nicht gewonnen hat. Wir sind aber schon eine geile Truppe, wenn man in dieser Situation so zurückkommt", war Torschütze Peter Michorl erfreut. Nach dem Tor des Mittelfeldmanns (64.) schlug auch Thomas Goiginger (68.) zu. Glasner verteilte Lob, wobei Abschiedsworte durchklangen. "Es sind super Burschen und in diesen vier Jahren war es ein wunderbarer Weg mit ihnen. Wenn wir es gut machen, steht auch am Ende der Erfolg", sagte der Oberösterreicher.

Mählich vermisst die nötige Ruhe

Sein Gegenüber Roman Mählich vermisste bei seiner Mannschaft die nötige Ruhe, sah sie trotzdem auf einem guten Weg. "Ohne Zweifel ist es ein richtig schweres Jahr für uns und mit etwas Pech könnten wir im Abstiegskampf sein", erinnerte er daran, dass Sturm im letzten Moment den Sprung in die Meistergruppe geschafft hatte. Für die Grazer geht es nächstes Wochenende auswärts in St. Pölten weiter. "Dort müssen wir jetzt den Dreier holen", forderte Jakob Jantscher.

Günter Kreissl gab sich trotz der dritten Heimniederlage in der Meistergruppe versöhnlich. "Der Blick geht nach vorne. Nach dieser Leistung kann man nicht von einem Rückschlag sprechen, im Restprogramm haben wir noch alle Chance", sagte Sturms Sportchef. Nach der Auswärtsfahrt nach Niederösterreich stehen Heimpartien gegen die Austria und Salzburg an, ehe der Abschluss der Meistergruppe in Wolfsberg erfolgt. (APA; 29.4.2019)