Die Reform sei auf Luft gebaut, meint Jan Krainer.

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Die im Zuge der Steuerreform geplante KöSt-Senkung setzt für die SPÖ einen falschen Akzent.

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Wien – Die SPÖ geht mit den koalitionären Steuerreformplänen hart ins Gericht. SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer erklärt im STANDARD-Interview, warum er den Ankündigungen von Türkis-Blau nicht traut und warum die Senkung der Körperschaftsteuer aus seiner Sicht nicht nötig wäre.

STANDARD: 6,5 Milliarden Entlastung: Was kann man als SPÖ gegen diese Steuerreform haben?

Krainer: Steuern auf den Faktor Arbeit zu senken ist richtig. Die Gegenfinanzierung ist aber total offen. Bei 1,5 Milliarden will man über den Sommer überlegen, wo man sparen kann. Weitere zwei Milliarden basieren auf dem Prinzip Hoffnung, dass die Konjunktur ewig so weiter rennt. Das ist beides auf Luft gebaut. Kein Mensch glaubt noch dieses Sparen im System, ich erwarte Einschnitte bei Pensionen, Gesundheit, Pflege und Bildung.

STANDARD: Bereits nächstes Jahr kommt eine Entlastung bei den Krankenversicherungsbeiträgen, von der kleinere Einkommen profitieren. Das müsste doch auch im Interesse Ihrer Wähler sein, oder?

Krainer: Die Senkung ist grundsätzlich positiv. Wir wissen nur noch nicht, wie die Regierung das technisch macht. Ich befürchte, dass den Krankenkassen der Einnahmenentfall nicht voll ersetzt wird.

STANDARD: Versprochen wurde aber genau das.

Krainer: Versprochen haben sie auch zwölf bis 14 Milliarden an Steuersenkung, geworden ist es jetzt die Hälfte. Ich glaube das daher erst, wenn ich es schwarz auf weiß sehe.

STANDARD: Sie kritisieren die fehlende Gegenfinanzierung. Gleichzeitig hat die SPÖ ein höheres Volumen und ein früheres Inkrafttreten gefordert. Würde die SPÖ ihre Pläne also wieder über höhere Schulden finanzieren?

Krainer: Wir haben unsere Steuerreformen immer gegenfinanziert. Erstens mit Einsparungen, zweitens gibt es immer einen gewissen Selbstfinanzierungsgrad, und drittens wären wir dafür, die Kapital- und Vermögensbesteuerung auszubauen.

STANDARD: Über Letzteres wollte die SPÖ zuletzt aber auch nicht mehr allzu laut reden.

Krainer: Hier hat sich nichts an unserer Position verändert. Alle internationalen Organisationen wie EU, IWF oder OECD sagen uns, dass wir bei den Steuern auf Arbeit zu hoch und bei jenen auf Vermögen und Kapital zu niedrig sind. Es gibt drei Megathemen: die steigende Ungleichheit, die Digitalisierung und den Klimawandel. Auf keines gibt die Steuerreform eine Antwort.

STANDARD: Die Regierung setzt nicht auf höhere Vermögens-, sondern auf eine Senkung der Körperschaftsteuer.

Krainer: Das heizt nur den Steuerwettbewerb an und entlastet jene, die einen geringeren Beitrag leisten, als sie könnten. KTM-Chef Stefan Pierer, einem Sponsor von Kanzler Sebastian Kurz, bringt das 180.000 Euro im Monat. Der Mitarbeiterin beim Anker bringt die Tarifreform sieben Euro im Monat.

STANDARD: Die Regierung meint, die KöSt-Senkung schaffe Jobs, ziehe neue Unternehmen an.

Krainer: Die Steuer zieht höchstens Briefkastenfirmen an und schafft vielleicht ein paar Arbeitsplätze für Anwälte und Steuerberater. Für echte Produktionsbetriebe sind die Ausbildung der Arbeitskräfte und die Infrastruktur hundertmal wichtiger als der Körperschaftsteuersatz. Die Senkung führt nur dazu, dass große Konzerne und reiche Individuen weniger zahlen und andere mehr oder es schlechtere staatliche Leistungen gibt. (Günther Oswald, 2.5.2019)