Der Machtkampf um Venezuela ist längst nicht entschieden, aber um ein Kapitel reicher – und um einige Lektionen. Machthaber Nicolás Maduro wurde nicht geopfert, offenbar weil keiner seiner Mitstreiter großes Interesse daran hat, auf seinem Schleudersitz Platz zu nehmen. Trotzdem sitzt er weniger fest im Sattel, als es schien. Er hat selbst in seinen armen Hochburgen Rückhalt verloren. Nur noch unter Druck lassen sich mehr als ein paar Hundert Anhänger mobilisieren. Doch das bedeutet nicht, dass die Enttäuschten für die weiterhin als bürgerlich empfundene Opposition auf die Straße gingen.

Maduros Führungsriege ist auch weder monolithisch noch straff organisiert. Am Dienstag brauchte es mehrere Stunden, bis sich Verteidigungsminister Vladimir Padrino einen Überblick verschafft hatte, Maduro verschwand fast einen kompletten Tag in der Versenkung. Die Streitkräfte blieben kaserniert und überließen der Polizei und bewaffneten Schlägerbanden die Repression. Das deutet darauf hin, dass eine Militärdiktatur keine Option zu sein scheint.

Keine der beiden Seiten ist derzeit stark genug, die andere zu besiegen, auch wenn das Kalter-Krieg-Beraterteam um US-Präsident Donald Trump davon träumt. Verhandlungen mit klaren Rahmenbedingungen und glaubwürdigen Vermittlern würden die Chance eröffnen, dass sich Venezolaner über ihre Zukunft streiten – und das Land nicht zu einem Spielfeld der Großmachtinteressen wird. (Sandra Weiss, 1.5.2019)