Zweifel im Gesicht: Ezra Koenig von Vampire Weekend. Das neue Album seiner Band ist um circa acht Songs zu lang.

Monika Mogi

Bis zum vierten Lied dauert es, um so etwas wie einen Wiedererkennungswert zu erhalten. This Life könnte auf jedem der drei Vorgänger enthalten sein, es erinnert einen aber lediglich daran, wessen Album man eigentlich gerade hört, es ist das Neue von Vampire Weekend und heißt Father of the Bride. Ob der Titel etwas mit dem gleichnamigen Film mit Steve Martin und Diane Keaton zu tun hat, erschließt sich bis zum Ende nicht.

This Life hat diese filigrane Zappeligkeit, die die New Yorker Band sich von Anbeginn bei ihren afrikanischen Vorbildern ausgeborgt hat. Die smarte Nobel-Uni-Nerdness des Frühwerks ist aber in den elf Jahren seit dem Debütalbum den evolutionären Themen des Lebens gewichen: zerbrochene Beziehungen, Sexschauen am Laptop, Kindsvaterschlaflosigkeit, Untergangsängste, die Infragestellung der eigenen Privilegiertheit. Typische Bravo-Hits-Themen sind das nicht.

Eigene Handschrift

Genau da wird das Album spannend. Dass Vampire Weekend im Highlife, einem Musikstil aus Ghana oder Sierra Leone, gut eingehört sind, blitzt zwar immer wieder auf, Ezra Koenig ringt auf Father of the Bride aber um eine eigene Handschrift, zumal das musikalische Mastermind Rostam Batmanglij sich mittlerweile empfohlen hat. Da muss hin und wieder halt ein Sample her. Für den Song Rich Man borgt Koenig sich eines bei dem aus Sierra Leone stammenden Gitarristen Ernest "Rogie" Rogers alias S. E. Rogie. Mit dem über 90-jährigen Musiker teilt er sich brav die Tantiemen, die der Song einspielen wird.

Einer der guten Songs des neuen Albums: Harmony Hall.
VampireWeekendVEVO

Darüber hinaus sucht der 35-jährige Koenig sein Heil in einem empfindsamen Soul-Pop, den seine helle Stimme mit Zerbrechlichkeit bestreut. Das harmoniert mit der Zukunftsangst, die junge Eltern angesichts des Zustands der Welt heute bald einmal erreicht, wenn sie mehr als eine Hirnwindung unter der Frisur spazieren tragen.

Peinliche Hippie-Musik

Unterstützt wurde Koenig von einer Reihe von Mainstream-Pop-Produzenten, die seiner Verschrobenheit ein wenig das Bügeleisen ansetzen. Das lässt Father of the Bride zerrissen klingen, zumal es mit 18 Liedern eine Länge aufweist, die nur wenige Künstler ohne Längen füllen können, und Koenig gehört, das zeigt sich deutlich, nicht dazu.

Married In A Goldrush ist ein halbgarer Flipperhallen-Country, 2021 nur eine launige Miniatur, aus der offenbar doch kein ganzer Song erwuchs, We Belong Together ein fast schon peinliches Gstanzl zweier Lonely-Planet-Hippies, die sich ewige Liebe bis zum Ende des Urlaubs schwören.

Ein Blick auf die Uhr

Da ist man bereits im letzten Viertel der Platte, da schaut man schon öfter einmal auf die Uhr, wie lange das noch dauernd wird, denn es wird nix mehr.

Acht Songs weniger, und Father of the Bride wäre eine formidable Platte geworden, denn die zärtlichen Gospelmomente und Koenigs Zweifelsidiom besitzen sehr wohl Verführungskraft, auf der fast doppelten Länge stolpert er jedoch mehr als einmal über den eigenen Ehrgeiz. (Karl Fluch, 3.5.2019)