Während die Plakate ihrer Konkurrenten den Platz vor der TU Wien säumen, sucht man jene der Fachschaftslisten Österreich (Flö) vergeblich. "Wir setzen auf selfmade", sagt Desmond Grossmann, Spitzenkandidat für die ÖH-Wahl. Er ist für den Wahlkampfauftakt aus Graz angereist, wo er an der TU und der Uni Graz den Master in Astrophysik macht.

Selbstgemacht sieht es tatsächlich ein wenig aus. Eilig haben die Studierendenvertreter im Haupteingang der TU einen Tisch aufgestellt, ihre Plakate aufgeklebt, Flyer aufgelegt und Bierbecher mit Buttons gefüllt. Ein Kollege verteilt 3D-gedruckte Schlüsselanhänger in Schafform, das Maskottchen der Flö. Es wird klar: Die Inhalte sollen punkten, nicht die Goodies.

"Wir sind die einzige ernstzunehmende unabhängige Partei", sagt Grossmann. Soll heißen: Die Fachschaftslisten haben keine "Mutterpartei", der sie nahestehen und die sie mit Wahlkampfutensilien oder Budget unterstützt. 750 Euro haben sie für den Wahlkampf auf Bundesebene zur Verfügung, 450 davon flossen in Plakate und Flyer – andere gäben dafür eine fünfstellige Summe aus. Doch Grossmann und seine Kollegen scheint das nicht zu stören, sie wissen sich zu helfen: Mit Zuckerln verteilt sich ein Flyer leichter, die Bitte "Geht im Mai wählen" bleibt eher hängen. An anderen Hochschulen betreiben sie Stände mit Waffeln oder veranstalten Grillfeste. Während die Waffeln oder Würstchen braten, erzählen die Vertreter den Wahlberechtigten ihre Forderungen.

Mehr Teilzeit und Lernräume

"Die Lebensrealität der Studierenden soll wieder in den Fokus gerückt werden", sagt Grossmann. Das spiegeln auch die servicelastigen und bildungspolitischen Forderungen wider: mehr Teilzeitstudien zur besseren Vereinbarkeit von Studium und Beruf, längere Bibliotheksöffnungszeiten, mehr Lernräume für Gruppenarbeiten und gesundes, qualitativ hochwertiges Essen. Außerdem wollen sie ein "einheitliches Studienrecht für alle Hochschulen", sagt der 22-Jährige im Hinblick auf die von der Regierung angekündigte Gesetzesreform, die 2020 beschlossen werden soll. Dazu zählen etwa Regelungen zur Prüfungseinsicht und solche, dass alle mindestens gleich viele Prüfungsantritte haben. Derzeit haben FH-Studierende drei, einen weniger als jene an Unis.

Flö-Spitzenkandiat Desmond Grossmann klebt die Plakate selbst auf.
Foto: Christian Fischer

Auch Pflichtpraktika sollen fair entlohnt, Altersgrenzen der Stipendien harmonisiert werden. Die Qualitätssicherung der Lehre ist der Flö ebenfalls ein Anliegen. So soll die ÖH konkrete Maßnahmen setzen können, sollte es zu negativen Bewertungen von Lehrenden kommen, etwa mit Gesprächen oder Didaktikschulungen – und gute Lehre soll ausgezeichnet werden.

Und: "Das Leben der Studierenden hört nicht beim Campus auf, sie sind ein integraler Teil der Gesellschaft", sagt der Spitzenkandidat. Daher seien die Fachschaftslisten für das allgemeinpolitische Mandat der ÖH. Damit grenzen sie sich von der Aktionsgemeinschaft ab, die ebenfalls auf Servicethemen setzt.

Kaum Interesse an Forderungen

Die TU-Studierenden interessieren sich an diesem Dienstag kaum für die Forderungen. Grossmann ist aber überzeugt, dass jene, die zur Wahl gehen, besonders wegen der Arbeit der lokalen Vertretungen bei der Flö ein Kreuz machen werden. "Man merkt sich, wenn einem bei Anrechnungsproblemen oder Überziehung der Prüfungskorrektur geholfen wurde."

An der TU Wien hat die Flö eigentlich Heimspiel. Hier stellt sie auch Fachschaftsvertretungen.
Foto: Christian Fischer

Er selbst ist seit fast fünf Jahren in der ÖH aktiv. Sein Wahlziel: die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Aber wohl auch wieder dem ÖH-Vorsitzteam anzugehören – dort waren die Flö zuletzt nämlich viermal in Folge vertreten. (Selina Thaler, 3.5.2019)