Will Europa nicht "linken und rechten Chaoten überlassen": Sebastian Kurz

Foto: APA/Hochmuth

Wien – Im Ausrichten von Großveranstaltungen war die ÖVP immer schon gut, unter Parteichef Sebastian Kurz aber läuft das noch ein Stück professioneller ab als früher: Großer Auftritt aller Kandidaten zum Anfang, großer Chor mit Bundes- und Europahymne zum Schluss. Dazwischen launige Moderation durch den schon im Nationalratswahlkampf bewährten ehemaligen Ö3-Journalisten Peter L. Eppinger und einige deftige politische Ansagen.

APA

Star ist natürlich Kanzler Kurz selber. Er hat sich vorbehalten, das letzte Wort zu haben. Aber er steht bei der Europawahl am 26. Mai gar nicht auf dem Wahlzettel.

Oder vielleicht doch? VP-Generalsekretär Karl Nehammer, dem Kurz attestiert, beim Wahlkampfauftakt der Volkspartei "mehr General als Sekretär" gewesen zu sein, analysierte in der emotionalst und auch professionellst gehaltenen Rede des Tages: "Den Linken geht es nicht um Europa. denen geht es darum, gegen diesen Kanzler zu sein. Den Rechten geht es mit Salvini gegen Europa. Wir laufen für Sebastian Kurz, wir laufen für Manfred Weber."

Ach ja. Und für Othmar Karas, den Nehammer an anderer Stelle als "sensationellen Spitzenkandidaten" im "besten Team" würdigt.

Karas und Kurz auf derselben Linie

Karas, der Spitzenkandidat der Volkspartei, positioniert sich in seiner Rede, der ersten des Vormittags, ganz auf dem Kurs des Kanzlers. Wie dieser erklärt auch Karas, der Vertrag von Lissabon müsse angepasst werden, um "die Gemeinschaft zukunftsfit" zu machen. "Wir dürfen uns nicht mit den Ritualen der Vergangenheit zufriedengeben."

Kanzler Kurz unterstreicht in seiner Rede dann genau diesen Aspekt und erweitert seine Position um den Vorschlag, für jede neue EU-Behörde eine bestehende Behörde abzuschaffen und die Zahl der Kommissare zu reduzieren. Natürlich gebe es viele, die beides für wenig realistisch halten – noch dazu, wo der Vorschlag zur Neuverhandlung des EU-Vertrags von einem kleinen Land wie Österreich komme. Aber Kurz zieht Parallelen zum Nationalratswahlkampf 2017, auch da hätten viele gemeint, dass seine Kanzlerschaft unmöglich oder unerwünscht sei. Auch da hätten viele gemeint, dass seine Ziele unrealistisch seien – jetzt aber setze er sie um.

Europa nicht den linken und rechten Chaoten überlassen

Daher sei die Europawahl jene Wahl, "wo wir die Veränderung von Österreich nach Europa tragen können". Es sei aber auch ein guter Zeitpunkt, jene zu unterstützen, die schon in den bisherigen Krisen das Richtige gemacht hätten. Kurz lobt Karas als "einen der erfahrensten Europapolitiker" auf dem Kontinent. Er wolle Europa nicht den linken und rechten Chaoten überlassen, "wir wollen statt Chaos Ordnung, statt Mittelmaß eine Perspektive für jeden einzelnen Menschen".

Richtig gemacht habe es in der Vergangenheit auch Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) und Anwärter auf das Amt des Kommissionspräsidenten ist. Der Bayer ist voll des Lobes für die österreichischen Gastgeber: "Ihr habt in Österreich den Aufbruch schon geschafft, in Europa steht uns dieser Aufbruch noch bevor." Vor den gut 1000 ÖVP-Fans wiederholt Weber seine Ankündigung, er werde als Kommissionspräsident "das europäische Recht auf den Prüfstand stellen" und 1000 Bestimmungen des Europarechts streichen – wofür er Applaus von den Deregulierern der Volkspartei bekommt. (Conrad Seidl, 4.5.2019)