
Michael Chalupka wird Bischof.
Wien – Die evangelische Kirche A.B. hat mit Michael Chalupka einen neuen Bischof. Bis die Nachfolge des aus Altersgründen ausscheidenden Michael Bünker geklärt war, brauchte es aber nicht weniger als zwölf Wahlgänge in der Synode. Wären nicht im letzten Moment ein paar Unterstützer seiner Gegner umgekehrt, hätte der gesamte Prozess neu gestartet werden müssen. Er will das Vertrauen zwischen seiner Kirche und der Regierung wiederherstellen.
Drei Bewerbungen um das höchste Amt der evangelischen Kirche Augsburger Bekenntnis (A.B.) waren eingegangen. Neben Chalupka trauten sich die Bünker-Nachfolge auch Kärntens Superintendent Manfred Sauer und Pfarrer Andreas Hochmeir aus Oberösterreich zu, der sich als Kandidat der Mitte positioniert hatte. Letzterer erwies sich schließlich als der härtere Kontrahent.
Sauer gab auf
Schon in den ersten Wahlgängen war Sauer, der als Bischof versöhnte Verschiedenheit lebbar machen wollte, deutlich abgeschlagen. Doch erst als er auf fünf Stimmen herunterrutschte, gab er nach Wahlgang sechs auf. Da war das ganze Prozedere schon rund neun Stunden im Laufen.
Das Sauer-Lager neigte schließlich deutlich Chalupka zu. Im zwölften und damit vorletzt möglichen Wahlgang schaffte es der langjährige Direktor der Diakonie, der sich über Jahrzehnte als Wortgewaltiger Sozialexperte profiliert hatte, die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit zu erzielen. Hätte diese am Samstag kein Kandidat geschafft, wäre die gesamte Wahl neu aufgesetzt worden und bei Bünkers Abtritt im September hätte der dienstälteste geistliche Oberkirchenrat interimistisch übernehmen müssen.
Chalupka will Brücken bauen
Dazu kam es dann aber doch nicht. Der 58-jährige gebürtige Steirer nahm seine Wahl dankend an und fand – für einen Sieger nicht untypisch – versöhnliche Worte. Er habe die Wahl nicht als "Pferderennen" betrachtet, sondern als "geistlichen Akt", und ein solcher sei sie auch geworden, verkündete das neue Oberhaupt von knapp 280.000 evangelischen Christen.
Gleichzeitig machte Chalupka klar, dass er die zuletzt von der Diskussion über die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften irritierte Kirche wieder zusammenführen will: "Mir ist es wichtig, auf die Einheit zu achten, aufeinander zuzugehen, Brücken zu bauen, das ist uns allen aufgetragen."
Präsident gratuliert
"Ich freue mich auf künftige Begegnungen und eine guten und intensiven Austausch mit Ihnen." Mit diesen Worten gratulierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen Michael Chalupka zur Wahl zum neuen Bischof der evangelische Kirche A.B. Via Twitter wünschte Van der Bellen Chalupka am Samstagabend "viel Kraft und alles Gute für Ihre neue und sehr verantwortungsvolle Aufgabe."
Der in der Katholischen Bischofskonferenz für Ökumenefragen zuständige Linzer Bischof Manfred Scheuer erklärte, er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Chalupka in der Gemischt-Katholisch-Evangelischen Kommission und im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich.
Den neuen evangelischen Bischof würdigte Scheuer dafür, dass er sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stark im diakonischen Bereich profiliert habe. "Er war und ist eine prophetische Stimme in Österreich und ein Anwalt der Armen und der Schwachen", so der Linzer katholische Bischof.
"Viel Vertrauen verspielt worden"
Chalupka will das Vertrauen zwischen seiner Kirche und der Bundesregierung wieder herstellen. Es sei (von Regierungsseite, Anm.) "viel Vertrauen verspielt worden", sagte er mit Blick auf die Karfreitags-Debatte. "Dringlichste Aufgabe" aber werde es zunächst sein, den eigenen Gläubigen zuzuhören, betonte er: "Ich erwarte mir – und bin auch gesprächsbereit -, dass hier auch ein Zeichen gesetzt wird vonseiten der Bundesregierung, dass wieder Vertrauen hergestellt wird. Wir können die unsäglichen Aussagen hinter uns lassen", man müsse aber wieder dorthin zurückkommen, wo man vor der Debatte rund um den Karfreitags-Feiertag war.
Chalupka erinnerte an die Worte des ehemaligen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger, der erklärt hatte, die evangelische Kirche sei "ein wichtiger Teil der österreichischen Gesellschaft". "Das war ein Wendepunkt, etwas, worauf diese Kirche Jahrhunderte, Jahrzehnte gewartet hat, und das scheint ein bisschen infrage gestellt. Das würden wir gerne wieder hören – und am liebsten ein Zeichen sehen. Wie das aussehen könnte, das ist Aufgabe der Bundesregierung." Auch wenn die evangelische Kirche zahlenmäßig eine Minderheit darstellt, so müsse sie ernst genommen werden, gab der künftige Bischof zu verstehen: "Drei bis vier Prozent ist in Prozenten wenig, aber doch eineinhalb mal Graz. Man könnte ja auch nicht sagen, alle Grazer sind uns wurscht", sagte er.
Ein buntes Bild der Vielfalt
Zu Beginn seiner Amtsperiode werde es allererstes Ziel sein, "möglichst viel zuzuhören, möglichst viel zu sehen von dieser Vielfalt, die unsere Kirche ausmacht. Das ist das Schöne, manchmal auch das Schwierige", denn es gebe viele Strömungen, "die ein buntes Bild der Vielfalt ergeben". Dies sei aber auch "ein Zeichen, dass Vielfalt lebbar ist und in Einheit doch ausgehalten und gefeiert werden kann", so der 58-Jährige.
Widmen will sich Chalupka auch weltumspannenden Problemen, konkret dem Klimawandel: "Wir wissen aus der Klimaforschung, wenn wir es nicht schaffen, in den nächsten zwölf Jahren die CO2-Belastung zu reduzieren, dass dann unumkehrbare Dynamiken entstehen. Da genügt es aber nicht nur, als evangelische Kirche zu mahnen und daran zu erinnern. Es braucht auch entschiedene Schritte in der Führung der Pfarrgemeinden, der Kirchen, der Institutionen", will er auch konkrete Schritte in den evangelischen Gemeinden setzen. "Es sind schon viele Schritte getan worden, in der Nachhaltigkeit, bei der Mobilität, bei der Energienutzung, aber das ist ein Prozess, der noch lange nicht zu Ende ist." Denn wenn man in der theologischen Frage der Bewahrung der Schöpfung glaubwürdig bleiben will, müsse man hier handeln.
Demokratisch verfasste Kirche
Seine Wahl habe auch gezeigt, was die evangelische Kirche ausmacht, sprach Chalupka die langwierige Entscheidungsfindung bei der Sitzung der Synode am Samstag an. Nämlich, "dass sie (die Kirche, Anm.) demokratisch verfasst ist, dass sie eine Vielfalt hat, eine Vielfalt auch der Angebote der Kandidaten, die diese Kirche darstellen und repräsentieren". Dabei seien "alle Gaben, die von den verschiedenen Kandidaten eingebracht werden", wertvoll, betonte er. Diese in der evangelischen Kirche gelebte Vielfalt werde auch gesamtgesellschaftlich dringend gebraucht, meinte Chalupka. (red, APA, 5.5.2019)