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FPÖ-Generalsekretär und EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky.

Foto: Reuters/Foeger

Wien – Nach dem Vorstoß der ÖVP für einen neuen EU-Vertrag warnt die FPÖ vor weitreichenden Konsequenzen für Österreich. "Ein neuer EU-Vertrag würde möglicherweise die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips und noch mehr EU-Zentralismus bedeuten", erklärte der FPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Generalsekretär Harald Vilimsky, am Sonntag gegenüber der APA.

"ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas hat sich mehrfach für die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips ausgesprochen und daher ist unsere Sorge sehr real", ergänzte Vilimsky. "Wir wollen weiter selbst bestimmen können, wer zu uns einwandern darf und keine Zwangsverteilung von illegalen Migranten. Eine Sozialunion würde bedeuten, dass die Sozialstandards vereinheitlicht werden und wir in die finanzschwächeren EU-Länder Gelder zu Lasten der Österreicherinnen und Österreicher zahlen müssten. Mit einer Vergemeinschaftung der Schulden würde beispielsweise auch Österreich Schulden von Griechenland direkt übernehmen müssen. Ein neuer EU-Vertrag könnte genau das bringen und das wollen wir sicher nicht", befürchtete Vilimsky.

Für die ÖVP konterte EU-Wahl-Listenzweite Karoline Edtstadler. Sie warf Vilimsky "Retro-Politik" vor und sagte: "Wir müssen das Subsidiaritätsprinzip noch klarer verankern, um die EU handlungsfähiger zu machen." Die EU sei für "die kommenden Herausforderungen mit dem derzeitigen EU-Vertrag nicht gerüstet", warnte sie. So müsste etwa die "derzeitige Entwicklung Richtung Sozialunion strikt" unterbunden werden.

Edtstadler warf Vilimsky vor, kein Interesse an einer funktionierenden EU zu haben, sondern lieber in der Vergangenheit zu leben. Vilimsky hatte in Replik auf Kurz gewarnt, ein neuer EU-Vertrag könnte "die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips und noch mehr EU-Zentralismus bedeuten".

Kurz hält aktuellen Vertrag für nicht mehr zeitgemäß

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuvor eine Neuverhandlung des EU-Vertrags verlangt. "Der Aktuelle ist nicht mehr zeitgemäß", so der Bundeskanzler. Konkret forderte er verschärfte Sanktionsmechanismen und Strafen für Schuldenstaaten, für Länder, die illegale Migranten nicht registrieren und durchwinken, sowie bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit. Die EU solle sich künftig verstärkt auf große Fragen wie die Außen- und Sicherheitspolitik fokussieren, so Kurz. Und er sprach sich außerdem für einen Sitz des EU-Parlaments sowie eine Verkleinerung der EU-Kommission aus.

Unterstützung bekam Kurz für seinen Ruf nach einer Neuverhandlung des EU-Vertrages vom Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Er sei ein "deutlicher Befürworter" dieser Initiative, sagte Platter am Sonntag zur APA. "Für die Nationalstaaten und Regionen braucht es mehr Spielraum", meinte der Landeshauptmann.

Platter für Vertrag, der sich nicht in jedes Detail einmischt

Ein neuer EU-Vertrag sei notwendig, um die "Menschen wieder näher an die EU zu bringen". "Die Menschen wenden sich immer mehr von der EU ab, weil man sich in jedes Detail einmischt", sagte der Tiroler Landeschef. Die Europäische Union müsse sich in Zukunft "um die großen Linien kümmern", erklärte Platter, seines Zeichens auch Leiter der österreichischen Delegation im europäischen Ausschuss der Regionen. Dazu zählte er etwa die Sicherung der Außengrenzen und eine gemeinsame Wirtschaftspolitik.

In dem neuen EU-Vertrag müssten jedenfalls die "Kompetenzen der einzelnen Ebenen neu geregelt werden", trat der Landeshauptmann für eine Überprüfung des Subsidiaritätsprinzips ein. Die Regionen würden die Vielfalt der EU ausmachen. Probleme müssten auf der Ebene gelöst werden, auf der sie auftreten.

Auch die ÖVP-Landeshauptmänner Thomas Stelzer (Oberösterreich) und Wilfried Haslauer (Salzburg) haben Unterstützung signalisiert. Die EU dürfe sich nicht von ihren Bürgern entfernen, erklärte Stelzer. Haslauer meinte, es gehe auch darum, das Vertrauen der Menschen in die EU zu stärken oder zurückzugewinnen.

Kogler kritisiert Kurz' "Wahlkampfgag"

Der Grüne Bundessprecher und EU-Spitzenkandidat Werner Kogler bezeichnete den Vorstoß von Kurz indes als "Wahlkampfgag": "Nichts davon ist zukunftsgerichtet. Jede pro-europäische Partei ist sich bewusst, dass nach dem Brexit eine Reform des EU-Vertrages notwendig ist." Kurz hätte seine Chance, Reformen anzustoßen, als Ratspräsidentschaftsvorsitz gehabt und nicht genützt. "Eine echte Reform für eine starke Union interessiert ihn nicht", meinte Kogler in einer Aussendung. (red, APA, 5.5.2019)