Mobbing in der Schule ist nicht selten. Mindestens jeder zehnte Schüler weltweit kann davon berichten.

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Weltweit waren etwa zehn Prozent der Schüler und Schülerinnen schon einmal von Mobbing betroffen. Der Leidensweg der Opfer kann enorm sein. Die Folge: Sie neigen eher zu Alkohol- und Tabakkonsum, berichten häufiger von psychosomatischen Beschwerden und haben eher Probleme mit ihrem sozialen Umfeld, wie eine Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) ergebne hat. Ein weiteres Ergebnis: Auch die Täter haben diese Probleme.

Anett Wolgast und Matthias Donat von der MLU wollten herausfinden, ob es Unterschiede im Umgang mit dem Thema in verschiedenen Ländern und zwischen Jungen und Mädchen gibt. Hierfür verglichen sie Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO, die im Rahmen einer groß angelegten Studie über mehrere Jahre hinweg pro Land etwa 3.000 Jugendliche zu ihrem Leben befragt hat.

Dabei wurde erhoben, ob und welche Erfahrungen die Jugendlichen bereits mit Schikanen durch ihre Klassenkameraden gemacht haben. Ebenso ermittelt wurden Angaben zum Alkohol- und Tabakkonsum sowie zu psychosomatischen Beschwerden. Auch Details zum sozialen Umfeld – etwa wie leicht es den Befragten fällt, mit ihren Freunden zu sprechen und wie sie den sozialen Rückhalt ihrer Klassenkameraden einschätzen – wurden abgefragt.

Keine länderspezifischen Unterschiede

Für die Studie analysierten die beiden Wissenschaftler die Antworten von Jugendlichen aus Deutschland, Griechenland und den USA aus verschiedenen Erhebungszeiträumen. Die Länder hatten die Forscher ausgewählt, weil das Gruppengefühl in den drei Staaten sehr unterschiedlich ausgeprägt ist: Die USA seien demnach eher individualistisch, Griechenland eher kollektivistisch geprägt und Deutschland liege in etwa in der Mitte.

Bei der Analyse zeigte sich, dass die Probleme und das Verhalten der Jugendlichen in allen drei Ländern ähnlich sind. Etwa neun Prozent der Jungen und Mädchen hatten wiederholt physische oder psychische Angriffe durch ihre Klassenkameraden erlebt. "Keines der drei Länder kann als Vorbild für den Umgang mit dem Problem dienen. Diese Stabilität über kulturelle und zeitliche Grenzen hinweg hat uns erschrocken", sagt Anett Wolgast.

Die Forscher wollten zudem den Zusammenhang zwischen der Schikane durch Mitschülerinnen und -schüler und verschiedenen weiteren Faktoren beleuchten: Dabei ging es um das Risikoverhalten der Jugendlichen, speziell ihren Alkohol- und Tabakkonsum, und ob die Befragten unter psychosomatischen Beschwerden, wie Bauch-, Kopf- und Rückenschmerzen oder Niedergeschlagenheit, leiden.

Ähnliche Probleme

Außerdem analysierten die Wissenschafter, wie Täter und Opfer mit ihrem sozialem Umfeld interagieren: Fällt es ihnen leicht, mit Freunden zu sprechen? Wie erleben sie den Rückhalt in ihrem sozialen Umfeld in der Schulklasse? Das Ergebnis: Jungen und Mädchen konsumieren ähnlich häufig Alkohol und rauchen, wenn sie Opfer von verbalen oder körperlichen Angriffen sind. "Mädchen neigen etwas mehr zum Internalisieren von Problemen, klagen also häufgier über Bauch- oder Kopfschmerzen", ergänzt Wolgast.

Überraschend war, dass sowohl Täter als auch Opfer über ähnliche Probleme mit ihrem Umfeld berichteten: Beiden fiel es schwer, mit Freunden oder Klassenkameraden zu sprechen. Zudem gaben beide Gruppen an, gefühlt wenig Unterstützung aus ihrem Umfeld zu erhalten.

"Dass Täter und Opfer ähnliche Probleme haben, ist bemerkenswert. Aus diesem Befund könnten sich neue Präventionsstrategien ableiten lassen", sagt Wolgast. Damit meinen die Forscher, dass bisherige Maßnahmen noch stärker darauf abzielen sollten, den Dialog unter Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, um so das Klassenklima zu verbessern. Das könne zum Beispiel über Regeln passieren, die die Schülerinnen und Schüler einer Klasse selbst aufstellen. Hier sollte etwa die gegenseitige Unterstützung eine große Rolle spielen. (red, 7.5.2019)