Ümit Vural, Chef der Islamischen Glaubensgemeinschaft, MJÖ-Vorsitzende Canan Yasar und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch.

Foto: APA / Georg Hochmuth

Wien – Ein bemerkenswertes Verständigungsprojekt hat am Montag ein Ende genommen. Bei einer Veranstaltung zum Abschluss des Schwerpunktjahres der Muslimischen Jugend zum Thema "MuslimInnen gegen Antisemitismus" im Haus der EU waren Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, und Ümit Vural, Vorsitzender der Islamischen Glaubensgemeinschaft, als Sitznachbarn zugegen.

Nermina Mumic, eine der Vorsitzenden der MJÖ, skizzierte den Ausgangspunkt des Projekts, nämlich, dass man sich als österreichische Jugendliche der eigenen Geschichte stellen habe wollen. Dabei sei klar, dass man auch nicht habe leugnen wollen, dass es unter Muslimen Antisemitismus gebe. Islamische Gläubige als Verantwortliche für Antisemitismus darzustellen, sei aber eine massive Verzerrung der Tatsachen.

Ausgestreckte Hand angenommen

Froh war Mumic, dass es auch von der anderen Seite die Bereitschaft zur Zusammenarbeit gegeben habe. Sie sah eine starke Solidarisierung zwischen Juden und Muslimen: "Die ausgestreckte Hand wurde wärmstens angenommen."

Vural nannte den Antisemitismus ein Geschwür. Wenn dieses unkontrolliert wachse, könne das am Ende den ganzen Organismus schädigen. Muslime seien Opfer von brachialem Rassismus, deswegen dürften sie aber nicht der Saat des Hasses zum Opfer fallen. Wenn nun Muslime und Juden gemeinsam für ein plurales und demokratisches Österreich einstünden, sei das ein Beitrag, endlich zu wahrem Frieden im Heiligen Land zu kommen, mit einem umfassenden Ausgleich der Interessen von Israelis und Palästinensern.

Deutsch betonte, dass sich Juden immer für die Freiheit und Rechte von Muslimen einsetzen würden. Von ihnen gehe keine Gefahr für muslimische Gläubige aus. Antisemitismus nannte er ein gesamtgesellschaftliches Problem, auch von Muslimen ausgehend. Das Projekt lobte er. Denn nur wenn der Antisemitismus in den eigenen Reihen bekämpft werde, komme man weiter.

Lob für das Projekt

Die EU-Antisemitismusbeauftragte Katharina von Schnurbein lobte das Projekt der umfassend, sei mit diesem doch ein hoher Standard in der Antisemitismusprävention gesetzt worden. Tatsächlich war das Schwerpunktjahr, das heute Abend zu Beginn des Ramadan zu Ende ging, durchaus ambitioniert und vielfältig gestaltet.

Neben Workshops, Diskussionen und einem Treffen mit einer Zeitzeugin wurden auch Reisen zu den ehemaligen Konzentrationslagern Mauthausen und Auschwitz unternommen. Etwa 1.000 Jugendliche seien im Projektzeitraum begleitet worden, hieß es seitens der MJÖ.

"Nur gemeinsam schaffen wir es"

Canan Yasar, Co-Vorsitzende der Muslimischen Jugend, ist bei ihrer eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema Wut und auch Überforderung begegnet, gerade auch als Angehörige einer religiösen Minderheit. Yasar nahm das am Montag zum Anlass für einen Appell. Vorurteile und Ängste entwickelten die Gesellschaft nicht, sie versetzten ihr einen Schlag, der Gesellschaft und Demokratie nicht gebühre: "Nur gemeinsam schaffen wir es, eine offene und diskriminierungsfreie Gesellschaft zu entwickeln."

Grußbotschaften bei der Veranstaltung kamen unter anderem auch von US-Botschafter Trevor Traina und der frühere Vorsitzende der Muslimischen Glaubensgemeinschaft Anas Schakfeh. Über die Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler drückten Kanzler Sebastian Kurz und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (alle ÖVP) ihre Sympathie für die Initiative aus. Per Videobotschaft vermeldete Alt-Bundespräsident Heinz Fischer seine Unterstützung "aus vollem Herzen" für das "ganz wichtige Projekt". Im Publikum fanden sich dessen Ehefrau Margit und auch Abgeordnete von ÖVP, SPÖ, NEOS und Liste Jetzt sowie Diplomaten vornehmlich als muslimisch geprägten Ländern. (APA, 6.5.2019)