Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP, links) wird von KZ-Überlebenden aus mehreren Ländern in einem offenen Brief für seine Zusammenarbeit mit der FPÖ kritisiert. Die Überlebenden zählen in dem Brief mehrere rechtsextremen Vorfälle der oberösterreichischen Freiheitlichen auf und nennen dabei auch Manfred Haimbuchner, Landeshauptmann-Stellvertreter (Mitte).

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Linz – Mit deutlichen Worten wendeten sich am Dienstag KZ-Überlebende aus mehreren Ländern an den oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Anlass ist nicht nur die vor wenigen Tagen begangene Befreiuungsfeier in Mauthausen, für die sich die KZ-Überlebenden im Brief bedanken. Am 8. Mai wird des offiziellen Endes des Zweiten Weltkriegs gedacht.

Unterzeichnet ist der Brief vom Internationalen Mauthausen-Komitee und sieben anderen Dachorganisationen, darunter das Internationale Dachau-Komitee, das Internationale Ravensbrück-Komitee, das Internationale Buchenwald-Dora-Komitee und die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer.

Nicht aufgeklärte Schändungen

Die Verfasser merken an, dass die Zahl rechtsextremer Straftaten in Österreich zuletzt stark gestiegen sei, Oberösterreich liegt ganz vorn.

Besonders beunruhigend sei aber, "dass viele fremdenfeindliche und neonazistische Gewaltverbrechen begangen wurden, die bis heute nicht aufgeklärt sind". Gemeint sind drei Schändungen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, zwei Anschläge auf Flüchtlingsheime und die Schändung des jüdischen Friedhofs in Linz.

Rechtsextremismus bis in die Landesregierung

Die KZ-Überlebenden gehen aber auch explizit auf rechtsextreme Vorfälle der FPÖ Oberösterreich ein, mit der Stelzer bekanntlich in der Landesregierung sitzt beziehungsweise ein Arbeitsübereinkommen hat. Der Rechtsextremismus reiche bis in die Landesregierung.

Landeshauptmann-Stellvertreter und FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner gehöre etwa einer deutschnationalen Verbindung an, in der schon das NSDAP-Idol Horst Wessel Mitglied war. Außerdem habe Haimbuchner in einer Festrede einen NSDAP-Politiker und SS-Brigadeführer geehrt. "Und er hat das mittlerweile eingestellte antisemitische Hetzblatt 'Aula' durch Inserate und Artikel unterstützt." In dem Magazin wurden Mauthausen-Überlebende bekanntlich als "Landplage" und "Massenmörder" bezeichnet. Haimbuchner gab dem Blatt 2009 ein Interview, 2011 inserierte er darin.

Verbindungen zu den Identitären

Die KZ-Überlebenden nennen aber auch die engen Verbindungen zwischen der Linzer FPÖ und den rechtsextremen Identitären und gehen auf ein aktuelles Beispiel ein. Derzeit kandidiere ein FPÖ-Politiker bei der Bürgermeisterwahl einer oberösterreichischen Stadt, der im Internet als Kontaktperson einer deutschnationalen Burschenschaft aufscheine, die sich als ihr Lied ausgerechnet das "Treuelied" der SS gewählt habe.

Gemeint sein dürfte Peter Hametner, der für das Bürgermeisteramt in Leonding kandidiert. Der Stadtrat ist Mitglied und Kontaktperson der deutschnationalen pennalen Burschenschaft Donauhort zu Aschach. Der "Waffenspruch" der Burschenschaft Donauhort zu Aschach lautet "Was gibt es hier? Deutsche Hiebe!".

Appell an Stelzer

Die KZ-Überlebenden wenden sich am Ende des Briefes direkt an den Landeshauptmann: "Unter uns sind viele, die deutsche Hiebe am eigenen Leib verspürt haben. Oft über Jahre. Wir sind fassungslos, dass in Oberösterreich ein angeblich demokratischer Politiker ein wichtiges Amt anstrebt, dessen Verbindung ein SS-Lied singt und mit deutschen Hieben droht." Und sie seien fassungslos, dass der Rechtsextremismus in Oberösterreich bis in die Landesregierung reiche. Stelzer werde dieser "unbequemen Wahrheit" auf Dauer nicht ausweichen können.

Die Conclusio: Es sei erfreulich, dass Stelzer jedes Jahr in Mauthausen und Hartheim der Opfer des Nationalsozialismus gedenke. "Wir ersuchen Sie aber dringend, sich an diesem Gedenken auch in Ihrer praktischen Politik zu orientieren: Bitte ziehen Sie einen klaren Trennstrich zum Rechtsextremismus."

Es sei nicht Stelzers Schuld, dass es in Oberösterreich rechtsextreme Burschenschaften gibt und sie sogar in der Landesregierung vertreten sind. "Doch niemand zwingt Sie, mit solchen Kräften durch ein Arbeitsübereinkommen verbündet zu sein", heißt es in Richtung Stelzer.

Offener Brief an Kurz blieb unbeantwortet

Es bleibt abzuwarten, ob Stelzer auf den Appell reagiert. Zuletzt blieb ein offener Brief unbeantwortet: Vertreter jüdischer und antifaschistischer Organisationen sowie KZ-Überlebende forderten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Anfang April zur konsequenten Haltung gegenüber rechtsextremen Tendenzen in der Regierung auf. Anlass waren auch hier die Verbindungen zwischen FPÖ und Identitären.

Kurz hatte die Identitären als "widerlich" bezeichnet und von der FPÖ eine deutliche Abgrenzung gefordert. Im offenen Brief wurde der Kanzler ausgefordert, seinen Worten Taten folgen zu lassen, weil wenig auf eine Distanzierung der FPÖ hindeute. (Lara Hagen, 7.5.2019)