Alastair Bonnett, "Die allerseltsamsten Orte der Welt". € 20,60 / 268 Seiten. C. H. Beck, München 2019

Foto: C. H. Beck

Drei Jahre nach dem Erfolg seines Buchs "Die seltsamsten Orte der Welt" reicht der britische Geograph Alastair Bonnett einen Nachschlag in 39 kurzen Kapiteln. Der Steigerungslogik von Sequels entsprechend, sollen dies nun "Die allerseltsamsten Orte der Welt" sein.

Das Ergebnis ist ein buntes, teilweise beliebiges Sammelsurium. Bonnett stellt einige wirklich skurrile Orte vor: etwa die detailverliebten Kulissen des alle vernünftigen Maße sprengenden russischen Filmprojekts "Dau", die sich zu einer tatsächlich bewohnbaren Miniaturstadt ausgewachsen haben, oder die Überreste von Jacques Cousteaus Unterwasserdorf Conshelf II im Roten Meer. Dazu kommen aber auch explizite "Nicht-Orte" wie der "Islamische Staat" oder die virtuelle Welt von Second Life.

Zerfallserscheinungen

Es fällt schwer, einen gemeinsamen Nenner in all dem zu finden. Am ehesten zeichnet sich ein roter Faden ab, wenn man sich ansieht, welche Gefühle Bonnett beim Besuch dieser Orte zum Ausdruck bringt. "Unbehagen" ist dabei ein auffällig oft auftauchender Begriff: Unbehagen über Veränderungen in einer Welt, die zunehmend von Fragmentierung und Fliehkräften geprägt scheint.

Bonnett zeichnet eine Welt im Fluss, und die Strömungen laufen tendenziell auseinander. Das kann im Kontext nationalstaatlicher Machtpolitik stehen – etwa wenn einstmals paradiesische Inseln im Südchinesischen Meer zu einer "Truppe geografischer Frankensteins" mutieren, durch Aufschüttungen rechtwinkelig gemacht und mit Militärbasen gespickt.

Aber auch innerhalb einer Gesellschaft können ganz neue Grenzen gezogen werden und zentrifugale Kräfte zu wirken beginnen: wie in der "Helikopterstadt" São Paulo, wo sich die reiche Elite dem Verkehrschaos am Boden per Hubschrauber entzieht und nur noch von Dach zu Dach schwebt. Und da wäre noch die unauffällige Adresse "Wohnung 2, 18 Royston Mains Street" in Edinburgh: Dort waren satte 438 Briefkastenfirmen eingetragen – Ausdruck einer Finanz-Subkultur, die sich von der realen Welt des ehrlichen Arbeitens abgekoppelt hat.

Bilder bitte!

Ein Manko an Bonnetts Buch ist leider, dass man es nur einhändig lesen kann. Die andere Hand ist laufend damit beschäftigt, die angeführten Orte in eine Bildersuche einzugeben – bis auf ein paar wenige Zeichnungen enthält der Band nämlich kein Bildmaterial, was angesichts des Themas nicht selbsterklärend ist. Pics or it didn't happen! (Jürgen Doppler, 9.5.2019)