Der börsennotierte steirische Leiterplattenhersteller AT&S ist weiter auf Wachstumskurs. In den kommenden Jahren will man neue Marktsegmente vor allem im Bereich Module erschließen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 wurde erstmals ein Umsatz von mehr als 1 Mrd. Euro erzielt. Von höheren US-Zöllen für China sieht CEO Andreas Gerstenmayer das Unternehmen bis auf weiteres nicht direkt betroffen.

Kultureller Konflikt

Die Produkte von AT&S würden nicht direkt mit Zöllen beaufschlagt. Allerdings könnten die Verwerfungen zwischen China und den USA zu Folgeeffekten führen. Die chinesischen Konsumenten könnten zunehmend eher heimische Waren kaufen und weniger auf Produkte aus den USA zurückgreifen, sagte er am Dienstag bei der Präsentation der vorläufigen Zahlen des Geschäftsjahres 2018/19. Geschickt im Umgang sei das seiner Meinung nach nicht, weil hier ein kultureller Konflikt entstehen könne, der zu emotionaler Eskalation auf Seiten der chinesischen Konsumenten führen könne, die dann möglicherweise amerikanische Produkte komplett ablehnen könnten. AT&S hat Werke in China.

AT&S profitiert von der zunehmenden Vernetzung. "In Summe sehen wir eine weiterhin sehr positive Marktentwicklung, sowohl bei Leiterplatten als auch IC-Substraten", sagte Gerstenmayer. Das Marktwachstum für Leiterplatten und IC-Substrate wird im Zeitraum 2018 bis 2021 auf 3,7 Prozent pro Jahr geschätzt. Zahlen bis 2024 würden eine ähnliche Entwicklung andeuten. Besonders erfreulich sei die Entwicklung bei IC-Substraten mit mehr als 9 Prozent erwartetem Wachstum bis 2021. Treiber seien dabei Cloud Computing und Rechenzentren. Im Bereich Automotive wird bis 2021 ein Marktwachstum von mehr als 5 Prozent gesehen, getrieben auch durch autonomes Fahren und Elektrifizierung des Antriebs. Für die Steuerung der Antriebe würden elektronische Komponenten in Zukunft in großem Umfang notwendig werden, so Gerstenmayer. Gute Wachstumschancen sieht man auch im Bereich Consumer. Alle diese Segmente, die AT&S bediene, zeigten nennenswerte Wachstumschancen und -potenziale gerade im Hochtechnologiesegment.

Geplante Änderungen

Weitere Chancen sieht AT&S in der geplanten Änderung der Aufstellung im Markt. Neben dem Bereich für Leiterplatten und Substrate, den AT&S schon heute bedient, wird die Lieferkette erweitert. Das Geschäft mit Leiterplatten/Substraten für Module soll ausgebaut werden, die Technologie dafür habe man bereits. Der nächste Schritt, den man gerade vorbereite, sei der Bereich Modulintegrationsdienstleistungen.

Die Segmente, die AT&S heute bediene, brauchten einerseits in Zukunft Leiterplatten im hochwertigen Bereich und all diese Segmente brauchten in Zukunft auch Module. "Wenn wir all das umgesetzt haben, sind wir, was die Lieferkette in der Elektronik betrifft, komplett anders aufgestellt", so Gerstenmayer. Die wesentlichen Trends in der Elektronikindustrie wie Miniaturisierung oder funktionale Integration unterstützten das weitere Wachstum. Mit der Strategie "More than AT&S" sei man genau in all diesen Trends bestens positioniert. AT&S habe alle wesentlichen Technologien, man müsse sich aber auch zusätzliche Fähigkeiten aneignen, was derzeit vorbereitetet werde. Es liefen diesbezüglich Untersuchungen, es könne eine organische Weiterentwicklung geben, es sei aber auch nicht ausgeschlossen, dass es zu der einen oder anderen anorganischen Maßnahme komme, um schneller den Schritt in eine Technologie oder in die entsprechenden Qualifikationen aufzubauen. Solche Unternehmen befinden sich vor allem in Asien.

Investieren will AT&S 2019/20 im Bereich Substrate rund 80 Mio. Euro, die im Vorjahr bereits initiiert wurden plus Erhaltungsinvestitionen in kleinere Technologie-Upgrades von 80 bis 100 Mio. Euro. Für Kapazitäts- und Technologieerweiterungen könnten bis zu 100 Mio. Euro dazukommen. 2018/19 wurden rund 101 Mio. Euro investiert.

Umsatz erstmals Milliarden-Grenze überschritten

Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat AT&S mit 1,028 Mrd. Euro (plus 3,6 Prozent) beim Umsatz erstmals die Milliarden-Euro-Grenze überschritten. Rund zwei Drittel des Umsatzes werden in Amerika erzielt, fast ein Fünftel in Deutschland und Österreich. Mittelfristig soll der Umsatz insgesamt 1,5 Mrd. Euro erreichen, wie das Unternehmen bereits im Vorjahr bekanntgegeben hat. Gestiegen ist 2018/19 auch der Gewinn. Profitiert habe man von der breiten Diversifikation des Portfolios, hieß es heute.

Der Konzerngewinn stieg 2018/19 von 56,5 auf 86,9 Mio. Euro, pro Aktie ergibt das einen Gewinn von 2,08 Euro, hatte das Unternehmen am Montagabend nach Börsenschluss mitgeteilt. Die zweite Jahreshälfte war von einer Nachfrageabschwächung bei Smartphones sowie in den Bereichen Automotive und Industrie geprägt. Das EBITDA lag mit 250,1 Mio. Euro deutlich über dem Vorjahreswert von 226,0 Mio. Euro. Der Betriebsgewinn (EBIT) stieg um 29,8 Prozent auf 117,2 Mio. Euro. Der Vorstand schlägt eine Erhöhung der Dividende von 36 auf 60 Cent je Aktie vor. Beschäftigt waren 9.811 Mitarbeiter (nach 9.980), davon rund 1.400 in Österreich.

Im laufenden Geschäftsjahr 2019/2020 erwartet AT&S einen stabilen Umsatz und entsprechend der Mittelfrist-Guidance eine EBITDA-Marge zwischen 20 und 25 Prozent – sofern sich die Rahmenbedingungen und die Wechselkurse nicht wesentlich verschlechtern. (APA, 7.5.2019)