Neun Listen kämpfen heuer bei den Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) von 27. bis 29. Mai bundesweit um Stimmen. Damit treten alle derzeit in der Bundesvertretung, dem österreichweiten Studentenparlament, vertretene Fraktionen erneut zu den Wahlen an. DER STANDARD hat sich nach ihren Forderungen erkundigt.

Was ist euer wichtigstes Anliegen für die ÖH-Wahl?

AG: Unser Programm besteht aus drei Säulen: Mobilität, Digitalisierung, echte Vertretung. Mobilität etwa darf für Studierende kein Luxus sein. Dazu gehört etwa die Heimreise zur Familie. Wir fordern ein österreichweites Studententicket für 365 Euro pro Jahr.

Flö: Besonders im nächsten Jahr, in dem eine Studienrechtsreform ansteht, ist eine starke ÖH wichtig. Wir können als FLÖ wegen unserer bildungspolitischen Expertise ein starker Verhandlungspartner für die Interessen der Studierenden sein.

Gras: Wir kämpfen für ein freies Studium für alle. Und: Wir setzen uns für eine grüne Uni ein. In jedem Studium kann ein Bezug zur Klimakrise hergestellt werden, jede Disziplin bringt Know-how mit, das genutzt werden kann, um ihr entgegenzutreten.

Junos: Wir wollen die Hochschulen ins 21. Jahrhundert holen: Qualität durch Digitalisierung und mehr Freiheit im Studium. Moderne Lehr- und Lerntechnologien sollen sinnlose Anwesenheitspflichten abschaffen und bessere Vereinbarkeit ermöglichen.

KSV-KJÖ: Wir wollen eine Studierendenbewegung, die sich mit Unterstützung der ÖH organisiert und die gemeinsam mit dem (nicht)wissenschaft lichen Personal für demokratische und staatlich ausfinanzierte Unis kämpft.

KSV-Lili: Wir stellen uns zuallererst dem Rechtsruck entgegen und kritisieren den kapitalistischen Normalzustand. Durch eigene Projekte und Unterstützung studentischer Initiativen organisieren wir freie Bildung.

No Ma’am: Freibier.

RFS: Wir wollen das allgemeinpolitische Mandat abschaffen, ein Ende der ÖH-Zwangsmitgliedschaft sowie mehr Transparenz im Umgang mit ÖH-Geldern. Außerdem wollen wir die Verschulung im Hochschulwesen eingrenzen und den Genderwahn stoppen.

VSStÖ: Alle Studierenden müssen sozial abgesichert sein, also genug Geld im Monat zur Verfügung haben, um ihre Miete, Essen, Kleidung, Lernmaterialien und Fahrtkosten zu bezahlen. Es braucht ein stärkeres, treffsicheres Beihilfensystem, für das wir kämpfen.

Was die einzelnen Fraktionen unterscheidet ist nicht immer gleich ersichtlich.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Was unterscheidet euch von den anderen Fraktionen?

AG: Wir sind finanziell und inhaltlich unabhängig. Im Gegensatz zu anderen Fraktionen sind wir keine Vorfeldorganisation einer Partei. Es gibt niemanden, der uns Positionen und Themen vorschreibt oder verbietet. Und wir betreiben nicht Klientelpolitik.

Flö: Unabhängigkeit ist unser Alleinstellungsmerkmal. Und, bei uns gilt: Bei unseren Entscheidungen auf Bundesebene stehen die Auswirkungen auf Hochschulebene immer im Vordergrund.

Gras: Wir setzen uns als einzige Fraktion für ökologisch-nachhaltige Hochschulen ein. Hochschulpolitik sehen wir im gesellschaftspolitischen Kontext und beschäftigen uns immer auch mit den gesellschaftlichen Auswirkungen von Gesetzesänderungen. Es ist uns wichtig, mehr als nur Schadensbegrenzung zu machen.

Junos: Unser Modell der fairen, nachgelagerten Studiengebühren. Mit maximal 500 Euro pro Semester können sie ein zusätzliches Hochschulbudget von 300 Millionen Euro pro Jahr bedeuten. Das Geld soll erst zurückgezahlt werden, wenn man im Beruf steht.

KSV-KJÖ: Wir wollen eine nützliche Fraktion für Studierende sein, etwa mit kostenlosen Mietrechtsberatungen. Wir sind die Einzigen, die sich gegen den Bologna-Prozess stellen.

KSV-Lili: Wir sind die entschiedenste Verteidigerin des allgemeinpolitischen Mandats der ÖH. Wir stehen für eine fortschrittliche und politische ÖH, deren Perspektive dabei die Überwindung eines ungerechten und falschen Systems ist.

No Ma’am: Wir sudern nicht, sondern haben Spaß am Studium.

RFS: Wir sind die fleißigste Oppositionsfraktion und schauen bei der Exekutive ganz genau hin. Wir nennen die Dinge beim Namen und scheuen uns nicht davor, uns bei anderen Fraktionen durch unsere aufdeckende Arbeit unbeliebt zu machen.

VSStÖ: Wir stehen dafür ein, dass alle Studierenden ein schönes Leben führen können. Dazu gehören aber nicht nur gute Studienbedingungen. Ebenso wollen wir leistbaren Wohnraum und eine Gesellschaft, die frei von Diskriminierung ist.

Die aktuelle ÖH, bestehend aus Flö, VSStÖ und Gras, steht bei der Opposition in Kritik: ÖH-Gelder sollten nicht für Allgemeinpolitik und Demos verwendet werden.
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Soll sich die ÖH für Allgemeinpolitik einsetzen?

AG: Die ÖH ist die gesetzliche Vertretung aller Studierenden. Sie eignet sich nicht, um ein bisschen Politik im geschützten Biotop zu spielen. Wer sich politisch engagieren will, kann das in unserer üppigen Parteienlandschaft gerne tun.

Flö: Wir stehen für die ganzheitliche Betrachtung von studierendenrelevanten Themen; diese enden für uns nicht bei an Mauern der Hochschulen. Das allgemeinpolitische Mandat ist für uns Ausdruck dafür, ein mündiger und kritischer Teil der Gesellschaft zu sein.

Gras: Dass sich die ÖH allgemeinpolitisch einsetzt, ist unglaublich wichtig. Leben, Studium und Arbeit sind keine voneinander getrennten Bereiche. Studierende sind Teil der Gesellschaft und ihre Probleme gesamtgesellschaftliche Probleme.

Junos: Nein. Die ÖH ist die gesetzliche Interessenvertretung der Studierenden. Sie muss alle Studierenden, unabhängig von ihrer politischen Überzeugung, vertreten und soll sich allein um die Probleme im Studium kümmern.

KSV-KJÖ: Auf jeden Fall. Steigende Mietkosten sind Grund genug zu protestieren, aber auch Sozialkürzungen und niedrige Löhne sind Dinge, die uns betreffen.

KSV-Lili: Die Hochschulen sind Teil der Gesellschaft und können davon nicht isoliert betrachtet werden. Das allgemeinpolitische Mandat der ÖH muss genutzt werden, um die Zivilgesellschaft zu stärken und dem Rechtsruck entgegenzutreten.

No Ma’am: Nein. Höchstens für Freibier und Weltfrieden.

RFS: Die ÖH soll eine serviceorientierte Interessenvertretung ohne Allgemeinpolitik sein und daher auch keine Demos organisieren. Innerhalb der ÖH war in den letzten zwei Jahren Stillstand. Bedenklich war die Auflösung von 250.000 Euro aus den Rücklagen für eine Hetzkampagne gegen die Bundesregierung.

VSStÖ: Ja. Wenn wir auf der ÖH Wohnrechtsberatung anbieten, muss damit der Kampf für leistbaren und rechtlich abgesicherten Wohnraum einhergehen.

Momentan muss der ÖH-Beitrag gezahlt werden, damit man studieren kann. Aber nicht alle wollen die Pflichtmitgliedschaft erhalten.
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Soll die Zwangsmitgliedschaft der ÖH beibehalten werden?

AG: Wir verwenden lieber den Begriff Pflichtmitgliedschaft, weil die Studierenden ja auch was davon haben – zumindest an AG-geführten Standorten. Damit wird verhindert, dass es eine Art "Zwei-Klassen-Beratung" gibt: für jene, die zahlen und das Servicepaket in Anspruch nehmen könnten, und jene, die keinen Beitrag zahlen und damit keinen Anspruch auf Beratung hätten. Jedoch, sollten die Studierenden selbst darüber abstimmen, so könnten wir das Thema endlich aus der Welt schaffen. Ein gutes Ergebnis würde die ÖH stärken.

Flö: Die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft der ÖH garantiert, dass alle Studierenden einer Hochschule von der Studierenden- über die Hochschul- bis zur Bundesvertretung kompetent und gezielt vertreten werden können. Das Budget sichert die Unabhängigkeit von der Bildungsinstitution als auch von der Regierung.

Gras: Die ÖH bildet die gesetzliche Interessenvertretung aller Studierenden. Aus diesem Grund sollen die Vertretungsleistungen auch allen Studierenden zugute kommen. Durch den ÖH-Beitrag kann die ÖH unabhängig von der Regierung agieren.

Junos: Gute Vertretung braucht keinen Zwang, sondern überzeugt durch die Qualität ihrer Arbeit. Die sinkende Wahlbeteiligung zeigt, dass sich Studierende nicht vertreten fühlen.

KSV-KJÖ: Ohne die Pflichtmitgliedschaft versinkt die ÖH endgültig in die Bedeutungslosigkeit.

KSV-Lili: "Zwangsmitgliedschaft" ist das Wording der Rechten und Konservativen. Die Pflichtmitgliedschaft ist unter den derzeit herrschenden Verhältnissen eine bittere Notwendigkeit.

No Ma’am: Keine Ahnung. Das tangiert uns eher peripher. Mit einem ÖH-Beitrag von 19,70 Euro könnte aber für jeden Studierenden eine kühle, erfrischende Kiste Bier bereitgestellt werden.

RFS: Wir setzen uns für eine Mitgliedschaft auf freiwilliger Basis ein, da wir eine echte Interessenvertretung ohne Zwang wollen.

VSStÖ: Nur durch die solidarische Mitgliedschaft aller Studierenden ist für die ÖH eine unabhängige Finanzierung sichergestellt, die es ermöglicht, Projekte für Studierende umzusetzen. (Oona Kroisleitner, 16.5.2019)