Neos-Bildungssprecher Douglas Hoyos.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Die Neos üben harte Kritik an den bildungspolitischen Maßnahmen des Ressorts von Minister Heinz Faßmann (parteifrei im ÖVP-Team). Bildungssprecher Douglas Hoyos sieht angesichts der Maßnahmen, die das Bildungsministerium in der letzten Zeit gesetzt hat, ein "bedrohliches Gesamtbild".

Ausgehend von einer parlamentarischen Anfrage der Neos an Faßmann erklärt Hoyos im STANDARD-Gespräch, wie er zu diesem Urteil kommt. Immerhin spricht er von "deutlichen und bedrohlichen Anzeichen autoritärer Strukturen, die ihre Maßnahmen nicht hinterfragbar machen".

Individuelle Kompetenzen und Potenziale

Konkret fest macht der Neos-Bildungssprecher seine Kritik am Beispiel der neuen "individuellen Kompetenz- und Potenzialmessungen" (iKPM) aller Schülerinnen und Schüler in der 3. und in der 7. Schulstufe. Sie sollen erstmals 2021/22 verpflichtend durchgeführt werden und künftig neben der Note eine weitere Entscheidungsgrundlage für die weitere Schullaufbahn zur Verfügung stellen – und, das ist Hoyos' zentraler Kritikpunkt, die bisherigen Bildungsstandardüberprüfungen ablösen.

Warum ist das ein Problem? "Weil völlig unklar ist, wie eine individuelle Potenzialmessung eine Rückmeldung an das Gesamtsystem Schule, was die Bildungsstandardüberprüfungen sind, ablösen kann", sagt Hoyos. Mit den Bildungsstandards wird getestet, ob und in welchem Ausmaß alle Schülerinnen und Schüler – es ist eine Vollerhebung – bestimmte Leistungsniveaus erreichen. Sie liefern also ein vollständiges Bild der Schüler- beziehungsweise auch Schulleistungen in Österreich.

Ministerium beobachtet Lernfortschritte

Das Ministerium argumentiert in der Anfragebeantwortung, dass mit den iKPM-Leistungsmessungen "eine objektive und durch externe Messinstrumente unterstützte Beobachtung der Lernfortschritte von der 3. auf die 4. und von der 7. auf die 8. Schulstufe für die Lehrperson ermöglicht wird".

Hoyos wiederum kritisiert, dass Minister Faßmann ausgerechnet jetzt, wo die Bildungsstandardtests "in den spannenden zweiten Zyklus kommen, abdreht, ist inhaltlich verhängnisvoll, weil wir jetzt tatsächlich Vergleiche zwischen den Fächern und Schulstufen ziehen können". Die erste Testungsrunde fand 2012 statt, die zweite 2017, ein Zyklus dauert also fünf Jahre.

Aus parteipolitischem Nutzenkalkül würden sich hingegen Vorteile aus dem Ende der Bildungsstandards ergeben, erklärt Hoyos: "Faßmann räumt mit den Maßnahmen der alten Regierung auf, und allfällige Verbesserungen können nicht mehr abgebildet werden."

Nächste Evaluierung erst 2024/25

Zusätzlich sind die neuen individuellen Kompetenzmessungen so weit nach hinten verschoben, dass der erste Bericht dazu erst nach der laufenden Legislaturperiode und somit absehbaren Amtszeit der türkis-blauen Regierung kommt, nämlich frühestens 2024/25: "Die restriktiven Maßnahmen von Faßmann sind damit ebenfalls nicht mehr evaluierbar."

Laut Anfragebeantwortung wird der erste Systembericht frühestens drei Jahre nach der flächendeckenden Einführung der iKPM kommen. "Die Evaluation des Systems Schule wird quasi ausgesetzt bis 2024/25", sagt Hoyos. Bis dahin soll mit "Brückenstudien" die entstehende Datenlücke gefüllt werden. Da wiederum fürchtet der Neos-Abgeordnete, "dass sie dann beim hauseigenen Institut für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen, das das Bifie ablöst, 'bestellt' werden".

Unabhängige Qualitätssicherung notwendig

Die Eingliederung des Bifie ins Bildungsministerium diene "offensichtlich nur dazu, die Qualitätssicherung in den Einflussbereich des Ministeriums zu holen. Das ist genau der falsche Weg. Vielmehr bräuchten wir eine externe, unabhängige und kritische Einrichtung, die echte Qualitätssicherung vornimmt und die Weiterentwicklung der Schulqualität vorantreibt", fordert Hoyos. (Lisa Nimmervoll, 8.5.2019)