Der Verfassungsdienst sieht zahlreiche Probleme bei der geplanten Digitalsteuer.

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Die Regierung möchte mit der Digitalsteuer im Alleingang eine neue Besteuerung im Netz erwirken. Unternehmen sollen fünf Prozent ihrer Onlinewerbeumsätze abgeben. Doch der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Unternehmen künftig potenziell sensible Nutzerdaten, nämlich IP-Adressen und Geoinformationen, bis zu sieben Jahre lang ermitteln müssen. Sehen Nutzer im Netz in Zukunft eine Werbung, müssen diese Daten gespeichert und im Falle einer Prüfung weitergereicht werden.

IP-Adressen sind personenbezogene Daten

Doch neben massiver Kritik, vor allem von Datenschützern, aufgrund des dadurch entstehenden Überwachungspotenzials (der STANDARD berichtete) schaltet sich nun auch der Verfassungsdienst des Justizministeriums mit einer Stellungnahme ein. In dem neunseitigen Dokument verweist er auf potenzielle Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU, die vor einem Jahr in Kraft getreten ist.

So könnten IP-Adressen nach Einschätzung des Justizministeriums personenbezogene Daten sein. Die DSGVO sieht das Prinzip der Datensparsamkeit vor, also dass so wenige Informationen dieser Art gespeichert werden wie notwendig.

"Es kann kein Versehen sein, dass hier eine neue und noch weiter ausgebaute Form der Vorratsdatenspeicherung etabliert wird, die man in die Hände von Großkonzernen wie Google legt", kritisiert Christof Tschohl, Jurist und Vorstand des Vereins Epicenter Works, in diesem Zusammenhang. "Das Finanzministerium hat bereits angekündigt, den Gesetzestext anzupassen, sodass IP-Adressen anonymisiert gespeichert werden müssten. Das ist aber nur dann sinnvoll, wenn es dazu auch ein Verbot dahingehend gibt, noch mehr zu speichern", sagt Tschohl. Das Risiko werde damit nicht wirklich reduziert, da Unternehmen trotzdem die Daten vollständig speichern würden.

Bewegungsprofile mit Standortdaten

Auch äußert das Justizministerium Bedenken bezüglich der Speicherung von Standortdaten. So sei offen, inwiefern die Vorgaben umgesetzt werden könnten, ohne mit den Daten umfassende Bewegungsprofile von Nutzern zu ermöglichen.

Außerdem wird dem Finanzminister in dem Gesetz eingeräumt, später durch Verordnungen weitere Vorgaben für Maßnahmen zur Datenspeicherung zu erwirken. Das Justizministerium gibt an, dass die Datenverarbeitung bereits im Text vorgelegt werden müsse, per Verordnung könnten nur Detailregelungen hinzukommen. Anderenfalls dürfte das Gesetz gegen das sogenannte Bestimmtheitsgebot verstoßen, welches unbestimmte Gesetze, die einen zu hohen Handlungsspielraum erteilen, verbietet.

Fremdes Verhalten

Laut dem Gesetzestext werden etwa Marktplatzbetreiber für die Steuern der Unternehmen, die auf ihrer Plattform handeln, verantwortlich gemacht. Sie müssten belegen, dass sie "ausreichende Sorgfalt" gezeigt haben, um sicherzustellen, dass Firmen ihrer "Pflicht nachkommen". Der Verfassungsdienst sieht Probleme mit dem sogenannten Gleichheitssatz. So dürfen Unternehmen nicht für fremdes Verhalten haften.

Zudem kritisiert der Verfassungsdienst zahlreiche Schwächen in der Formulierung des Gesetzes. Etwa steht im Text, dass Werbeleistungen im Inland erbracht sind, wenn sie sich in ihrem Inhalt und ihrer Gestaltung an einen inländischen Nutzer richten. Offen sei, wann dies zutreffe – so könnte genauso die Nutzung der deutschen Sprache ausreichen. Auch werden zahlreiche sprachliche Schwachpunkte beanstandet. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) erwartet sich zusätzliche 200 Millionen Euro durch die Digitalsteuer. Experten sind jedoch skeptisch. Sie gehen von maximal zehn bis 15 Millionen Euro aus, die die Abgabe zusätzlich bringen könnte.

Kritik von Ispa

Der Providerverband Ispa kritisiert, dass die Steuern nicht von Großkonzernen, sondern letztlich von Kunden und Werbeträgern getragen werden müssten. Gerade marktbeherrschende Konzerne wie Google würden die Steuerabgabe zwar erbringen, diese aber an die Auftraggeber der Werbung weiterverrechnen, die sie dann in ihre Dienstleistungen und Produkte einpreisen müssten. Ispa-Generalsekretär Max Schubert prognostiziert zudem einen Handelskonflikt mit den USA. "Durch diesen unkoordinierten, nationalen Alleingang isoliert sich Österreich", sagt er. Ohne Rückhalt der EU-Staatengemeinschaft berge das Risiken für ein Exportland wie Österreich. (Muzayen Al-Youssef, 8.5.2019)