Von der beanstandeten Diskriminierung betroffene Beamte hätten anspruch auf eine Ausgleichszahlung, urteilte der Europäische Gerichtshof.

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Luxemburg – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Regelung für die Anrechnung von Berufserfahrung bei österreichischen Beamten und Vertragsbediensteten für EU-rechtswidrig erklärt. Konkret hält er in seinem am Mittwoch veröffentlichten Urteil fest, dass auch das 2015 und 2016 reformierte Gesetz "weiterhin gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters" verstößt.

In Österreich schlossen die Besoldungs- und Vorrückungssysteme für Beamte und für Vertragsbedienstete des Staates ursprünglich die Anrechnung von Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben wurde, aus. Die Regelungen wurden schon einmal vom EuGH als diskriminierend verurteilt.

Zuletzt wurde das Gesetz 2015 und 2016 reformiert. Dabei wurde festgeschrieben, dass Mitarbeiter, die bereits im Dienststand sind, in ein neues Besoldungs- und Vorrückungssystem übergeleitet werden, in dem sich ihre erste Einstufung nach ihrem letzten, gemäß dem früheren System bezogenen Gehalt richtet.

Auch neue Systeme diskriminierend

Der EuGH urteilt nun, "dass die neuen Systeme nicht geeignet sind, die Diskriminierung der durch die alten Besoldungs- und Vorrückungssysteme benachteiligten Beamten und Vertragsbediensteten zu beseitigen. Sie behalten im Gegenteil die Diskriminierung wegen des Alters gegenüber diesen Personen bei." Denn das Gehalt derjenigen Personen, die zumindest einen Teil ihrer Berufserfahrung noch vor Vollendung des 18. Lebensjahres erworben haben, sei "allein wegen ihres Einstellungsalters niedriger".

Solange "keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden", müssten den benachteiligten Beamten bezüglich Anrechnung der Vordienstzeiten und damit bei der Vorrückung in der Gehaltstabelle "die gleichen Vorteile gewährt werden wie den durch diese Systeme begünstigten Beamten und Vertragsbediensteten", erklären die EU-Richter.

Ausgleichszahlungen

Infolgedessen hätten die diskriminierten Beamten Anspruch "auf eine Ausgleichszahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Gehalt, das sie hätten beziehen müssen, wenn sie nicht diskriminiert worden wären, und dem tatsächlich von ihnen bezogenen Gehalt".

Der ursprünglich vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) angerufene Oberste Gerichtshof in Österreich hatte sich in der Angelegenheit an den EuGH gewandt um zu klären, ob die heimische Vordienstzeiten-Regelung gegen Unionsrecht verstoße (Rechtsstreit C 24/17). Zusätzlich hatte ein Polizist aus Tirol Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt, worauf dieses ebenfalls den Europäischen Gerichtshof zurate zog (C 396/17). Der EuGH bestätigte nun in beiden Fällen, dass gegen Unionsrecht verstoßen werde.

Strache lässt Urteil analysieren

Beamtenminister und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) will das Urteil zunächst einmal genau analysieren. Strache habe veranlasst, dass sich Beamte des Ministeriums dieses im Detail anschauen, erklärte sein Sprecher auf Anfrage der APA.

Zudem sollen auch Experten des Verfassungsdienstes vom Bundeskanzleramt und der Finanzprokuratur ihre Einschätzung abgeben, erklärte der Sprecher. Erst dann sollen die weiteren Schritte veranlasst werden.

Ähnlich will es auch die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) handhaben, deren Rechtsschutz das Verfahren initiiert hatte. Der von der GÖD angerufene Oberste Gerichtshof in Österreich hatte sich in der Angelegenheit an den EuGH gewandt. Auch bei der GÖD hieß es am Mittwoch, dass man sich das Urteil erst im Detail anschauen und analysieren werde.

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker warnte vor Folgekosten für die Republik wegen der "langen Untätigkeit". "Wie viele höchstgerichtliche Urteile braucht man noch, um anzuerkennen, dass die jetzige Lösung nicht haltbar ist", fragte er. Schuld seien nicht nur die Vorgängerregierungen, die vier rechtswidrige Lösungen nacheinander fabriziert hätten, auch Beamtenminister Strache habe "auf Zeit gespielt – und verloren". (APA, 8.5.2019)