Zwei Slapstick-Asse, die an einem Comeback-Versuch arbeiten: Steve Coogan (re.) und John C. Reilly sind "Stan & Ollie".

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Die Knie schmerzen, die Schläfen sind angegraut, aber die alten Nummern wirken immer noch frisch. 1953, auf ihrer Bühnentour durch Großbritannien, ernten Laurel, verkörpert vom britischen Komiker Steve Coogan, und Hardy (John C. Reilly) meist jene Art von Hochachtung, die man sonst nur rüstigen Rentnern entgegenbringt: "Ich dachte, Sie wären im Ruhestand." Oder: "Toll, dass Sie in Ihrem Alter noch auftreten." Die beiden nehmen es – wie soll es auch anders sein – mit Humor: "Danke. Die Leichenstarre hat noch nicht eingesetzt."

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Der britische Regisseur Jon S. Baird erzählt die Geschichte von Stan Laurel und Oliver Hardy, die Mitte der 1920er-Jahre in den Hal Roach Studios zu einem der berühmtesten und erfolgreichsten Komikerduos avancierten, als Arbeitsbeziehungs- und "Liebesgeschichte" eines betagten Paares – sie drehten zusammen 107 Filme, den für viele ihrer Kollegen so schwierigen Übergang vom Stumm- zum Tonfilm nahmen sie mit links. Der Tonfall ist freundlich, charmant – und ausgesprochen altersmilde.

Altersmilder Tonfall

Stan & Ollie setzt ein, als die goldenen Zeiten des Duos schon eine Weile zurückliegen. Während Abbott und Costello inzwischen zum Mars fliegen, scheitern Stan und Ollie noch immer an den einfachsten Aufgaben: etwa daran, ihre versehentlich vertauschten Hüte zurückzutauschen oder sich an einem Bahnhof mit zwei Eingängen zu verabreden.

Auch im echten Leben sind die beiden ein ungleiches und nicht unkompliziertes Paar, gleichwohl haben ihre Rollen nur wenig mit ihren Bühneneigenschaften gemein. Der Brite Stan ist der kreative Kopf und "Vater" des Duos. Während sein massiger Partner, den alle "Babe" nennen, es gern bequem hat, denkt er sich zu jeder Tages- und Nachtzeit neue Szenen und Sketches aus oder schreibt an einem Robin-Hood-Drehbuch (Rob’ Em Good) – ein Projekt, das die beiden endlich wieder zurück auf die große Leinwand bringen soll.

Stan liebt es, seine Bühnenpersona in den Alltag einfließen zu lassen. Als der schleimige Veranstalter Delfont (Rufus Jones) die beiden in einem schäbigen Hotel einquartiert, stolpert Stan mit zahlreichen Koffern zuerst durch die Tür, um sich anschließend mit Ollie einen sturen Battle um die Rezeptionsklingel zu liefern. Auch die Ankunft ihrer Ehefrauen vor dem Londoner Savoy-Hotel verarbeitet er in Anwesenheit der Presse zu einer improvisierten Slapstick-Nummer.

Grapefruit als Gratiseinlage

Sein Zwang zur Performance hat aber auch eine tragische Seite. Bei einer Party, die ihnen zu Ehren veranstaltet wird, geraten die beiden in einen heftigen Streit. Stan, der sich einst mit dem Filmproduzenten Hal Roach überwarf, wertet es immer noch als Verrat, dass sein Partner einen Film – Zenobia, 1939 – ohne ihn gedreht hat, Ollie wirft ihm im Gegenzug vor, ihn nie als Menschen geliebt zu haben. Daraufhin bewirft Stan ihn mit einer Grapefruit vom Buffet – und das Publikum freut sich über die Gratiseinlage.

Dramaturgisch folgt Jon S. Baird einer recht vorhersehbaren Comeback-Erzählung. Zu Beginn der Tour treten die Komiker noch vor halbleeren Stuhlreihen auf, bis sich allmählich – eine PR-Kampagne hilft nach – die Hallen immer mehr füllen. Mit den wachsenden Unstimmigkeiten und Ollies gesundheitlichen Problemen treibt Stan & Ollie jedoch immer mehr auf ein sentimentales Rührstück zu.

Gut auszuhalten ist es durch das fantastische Spiel von Coogan und Reilly. Sie treffen die feine Dynamik des Komikerpaars, ohne in jene ehrgeizigen Nachahmungsmanierismen zu verfallen, mit denen sich Hollywood-Biopics so gern herausputzen. Als Side kicks fungieren die Ehefrauen Lucille Hardy (Shirley Henderson) und Ida Laurel (Nina Arianda). Ihre trockenen Schlagabtäusche machen sie zu einem Komikerinnenduo von ganz eigenem Format. (Esther Buss, 9.5.2019)