Bild nicht mehr verfügbar.

Irans Präsident Hassan Rohani besuchte 2015 das Kernkraftwerk Bushehr. Er hat seiner Bevölkerung eigentlich die Lösung des Atomstreits und die Lockerung der Sanktionen versprochen.

Foto: AP / Mohammad Berno

Vor genau einem Jahr verkündeten die USA, allen diplomatischen Bemühungen Europas zum Trotz, ihren Ausstieg aus dem Atomdeal mit dem Iran. Ein Alleingang, der ignorierte, dass die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) wiederholt bescheinigt hatte, dass sich der Iran an alle Abmachungen des Deals hält. US-Präsident Donald Trump wirft der iranischen Führung vor, Terrorismus zu finanzieren und die Nahost- und Golfregion zu destabilisieren und hat am Mittwochabend (MEZ) Sanktionen gegen Irans Metallbranche angeordnet.

Die übrigen Parteien bekundeten zwar Vertragstreue, der Deal galt aber bereits als angezählt. Auch weil die USA den wirtschaftlichen Druck auf die Partner ausdehnten und Bemühungen um einen alternativen Finanzmechanismus für Iran-Geschäfte nicht vorankamen. Seit Anfang Mai gilt: Wer Öl aus dem Iran kauft, kann praktisch keine Geschäfte mehr mit US-Firmen machen. Der Ölexport ist die Haupteinnahmequelle des Iran. Faktisch haben sich inzwischen alle großen europäischen Unternehmen aus Angst vor US-Strafen von ihren Iran-Geschäften verabschiedet.

Nun reagierte der Iran mit einer Teilaufkündigung des Abkommens. Die Führung in Teheran gab den Vertragspartnern am Mittwoch aber eine Frist von 60 Tagen, um die Vereinbarung einzuhalten. Der Iran fordert insbesondere, dass Sanktionen im Öl- und Bankensektor ausgeglichen werden. Sollte das nicht geschehen, wolle der Iran wieder phasenweise die Urananreicherung qualitativ und quantitativ hochfahren.

Trump ordnet neu Sanktionen an

Die USA reagierten auf den Schritt mit der Ausdehnung der Sanktionen auf Metallexporte des Landes. Zudem nehmen die USA ausländische Firmen ins Visier, die Geschäfte mit dem Iran machen, und drohen der Islamischen Republik mit zusätzlichen Strafmaßnahmen. Drittstaaten würden darauf hingewiesen, dass es von den USA nicht länger toleriert werde, wenn sie Stahl und andere Metalle aus dem Iran in ihre Häfen ließen, sagte Trump. Die Industriemetalle sind neben dem Erdöl die wichtigste Quelle für Exporterlöse des Landes.

Ziel der US-Politik sei es, dass mit Metallexporten keine Umsätze mehr erwirtschaftet werden könnten, die dann in ein Atomwaffenprogramm fließen könnten, heißt es in der Anordnung.

Mahnung zur Einhaltung

Nach der iranischen Ankündigung am Mittwoch wurde den Botschaftern der verbleibenden Partner Deutschland, Frankreich, Russland, Großbritannien und China ein Brief übermittelt, in dem Irans Präsident Hassan Rohani die Beweggründe der Entscheidung erläutert. Die iranische Bevölkerung informierte er live via TV. Man habe seit der Aufkündigung des Deals durch die USA viel Geduld mit Washington gehabt und den verbleibenden Unterzeichnern auf eigenen Wunsch "beträchtliche" Zeit eingeräumt, um den US-Rückzug auszugleichen. Trotzdem hätten die anderen Parteien keine "praktischen Maßnahmen" getroffen, um die Auswirkungen der Sanktionen zu mildern, hieß es in der Erklärung.

Dem Iran bleibe also keine Wahl, als sich zurückzuziehen. Konkret will man sich jetzt nicht mehr an die vereinbarten Grenzwerte für den Besitz von auf 3,67 Prozent angereichertem Uran und Schwerwasser halten und nach der 60-Tage-Frist die Anreicherung auf 20 Prozent beginnen.

Die Vertragspartner äußerten sich besorgt und mahnten zur Einhaltung des Vertrags. Die Außen- und -Verteidigungsminister der EU werden sich am Montag und Dienstag in Brüssel mit der Causa beschäftigen. Man sei derzeit in einer Phase des Abwägens und analysiere den Inhalt der gesendeten Botschaft, antwortete ein hochrangiger EU-Beamter auf die Frage, ob die EU bereit sei, ihrerseits mit Sanktionen zu reagieren. (Manuela Honsig-Erlenburg, red, 8.5.2019)