Amsterdam – Tottenham steht nach einem wahren Thriller erstmals im Finale der Fußball-Champions League. Die Londoner setzten sich in einem dramatischen Halbfinal-Rückspiel nach 0:2-Rückstand bei Ajax Amsterdam noch 3:2 durch. Zum Helden avancierte der Brasilianer Lucas Moura, der alle drei Tore erzielte – das letzte in der sechsten Minute der Nachspielzeit.

Im rein englischen Endspiel am 1. Juni im Estadio Metropolitano in Madrid trifft Tottenham auf Liverpool. Ajax verpasste den ersten CL-Finaleinzug seit 1996. Dabei hatte es nach Treffern von Matthijs de Ligt (5.) und Hakim Ziyech (35.) in der ersten Hälfte gut ausgesehen. Lucas gelang durch einen Doppelschlag der Ausgleich (55., 59.). Das Hinspiel in England hatte Ajax mit 1:0 für sich entschieden.

Große Chance für Red Bull Salzburg

Durchatmen darf nach dem Ergebnis auch Österreichs Meister. Sollte Tottenham in der letzten Runde der englischen Premier League am Sonntag nicht noch Rang vier verspielen, hat Red Bull Salzburg einen Platz in der Gruppenphase der nächsten Champions-League-Saison sicher. Hätte Ajax die Königsklasse gewonnen, hätten die Salzburger in die Qualifikation gemusst.

Bei Tottenham war Offensivstar Son Heung-min nach seiner Sperre ins Team zurückgekehrt. Verteidiger Jan Vertonghen war trotz seiner vergangene Woche erlittenen Nasenverletzung mit Gesichtsmaske dabei. Ajax musste nach Achillessehnenproblemen beim Aufwärmen kurzfristig David Neres ersetzen. Statt des Brasilianers stürmte der 21-jährige Däne Kasper Dolberg.

Im Zentrum des Jubels und hoch oben: Lucas Moura.
Foto: APA/AFP/ADRIAN DENNIS

Die Amsterdamer starteten druckvoll – und wurden früh belohnt. Dusan Tadic zwang Tottenham-Keeper Hugo Lloris nach drei Minuten zu einer ersten Parade. Den folgenden Eckball versenkte Kapitän de Ligt per Kopf im linken Eck. Tottenham reagierte mit einer starken Phase, Son traf aus spitzem Winkel aber nur die Stange (6.). Bei einem weiteren Versuch des Südkoreaners packte Andre Onana im Ajax-Tor sicher zu (23.).

Komfortable 2:0-Führung

Nachdem auch Christian Eriksen bei Onana vorstellig geworden war (24.), legte Ajax nach. Erst rollte Tadic den Ball aus spitzem Winkel am langen Eck vorbei (30.). Fünf Minuten später bediente der Serbe den Marokkaner Ziyech, der den Ball mit voller Wucht im rechten Eck versenkte.

Nach Seitenwechsel schöpfte Tottenham noch einmal Hoffnung. Einen Versuch von Dele Alli parierte Onana noch sehenswert (53.), zwei Minuten später war Lucas nach Vorarbeit von Alli nach einem schnellen Gegenstoß erstmals erfolgreich. Der Ausgleich fiel auf kuriose Weise: Erst vereitelte Onana mit einer Riesenparade einen sicher geglaubten Treffer des eingewechselten Fernando Llorente. Weil der Schlussmann durch ein Missverständnis mit Teamkollege Lasse Schöne den Ball verlor, legte Lucas sein zweites Tor nach.

Bild nicht mehr verfügbar.

Spurs-Trainer Mauricio Pochettino beim Realisieren der Überraschung.
Foto: Reuters/Matthew Childs

Die junge Ajax-Mannschaft (Durchschnittsalter der Startformation 25,1 Jahre) wackelte, fing sich aber. Der starke Ziyech schoss an die Stange (79.), im Finish parierte Lloris seinen Matchball (93.). Auf der Gegenseite hatte Tottenham eine Schlussoffensive gestartet: Ex-Ajax-Akteur Vertonghen köpfelte aus fünf Metern völlig freistehend an die Latte, sein Nachschuss wurde vor der Linie geklärt (87.). Unmittelbar danach jagte Son den Ball aus spitzem Winkel drüber.

Per Hattrick in den Fußball-Himmel

Sekunden nach Ablauf der fünf angezeigten Minuten Nachspielzeit war es dann erneut Lucas, der Tottenham in den Himmel schickte. Der Brasilianer machte mit einem von de Ligt abgefälschten Schuss von knapp innerhalb des Strafraums seinen Hattrick perfekt. Die Ajax-Akteure lagen auf dem Boden. Kein einziges der 55 Champions-League-Spiele davor, bei dem man in Führung gegangen war, hatte der Klub verloren – eine Bilanz, die am Ende keinen Wert hatte.

Für Trainer Mauricio Pochettino und die Spurs geht die Reise weiter. Nächster Halt: Madrid.
Foto: APA/AFP/ANP/OLAF KRAAK

Tottenham erreichte auch ohne seinen verletzten Stürmerstar Harry Kane das Finale. Einen Europacup-Bewerb haben die Londoner bereits dreimal für sich entschieden: 1963 den Cup der Cupsieger, 1972 und 1984 jeweils den Uefa-Cup. (APA, 8.5.2019)

Champions League, Halbfinal-Rückspiel, Mittwoch

Ajax Amsterdam – Tottenham Hotspur 2:3 (2:0)
Johan-Cruyff-Arena, 53.000 Zuschauer, SR Brych (GER)

Torfolge:
1:0 (5.) de Ligt
2:0 (35.) Ziyech
2:1 (55.) Lucas
2:2 (59.) Lucas
2:3 (96.) Lucas

Ajax: Onana – Mazraoui, de Ligt, Blind, Tagliafico – Schöne (60. Veltman), van de Beek (90. Magallan), de Jong – Ziyech, Dolberg (67. Sinkgraven), Tadic

Tottenham: Lloris – Trippier (81. Lamela), Alderweireld, Vertonghen, Rose (82. Davies) – Sissoko, Wanyama (46. Llorente) – Eriksen, Alli, Son – Lucas

Gelbe Karten: Dolberg, Ziyech, Onana bzw. Sissoko, Rose

Hinspiel 1:0, Tottenham bei einem Gesamtscore von 3:3 dank der Auswärtstorregel im Finale am 1. Juni im Estadio Metropolitano in Madrid gegen Liverpool.