Wien – Für den damaligen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein – in dieser Funktion 2000 bis 2008 – waren die Kompensationsgeschäfte, die gemeinsam mit dem Kauf der Eurofighter abgeschlossen wurden, nur ein "Add-on" zur eigentlichen Kampfflugzeugbeschaffung. Seine Interpretation ist, dass es "zum Geschäft dazugehört", dass man über Details immer weiter verhandle, sagte der Expolitiker zu den Verhandlungen über die Gegengeschäfte im Eurofighter-Untersuchungsausschuss.
Dass EADS, die damalige Mutterfirma der Eurofighter-Jagdflugzeuge GmbH, die Details des Gegengeschäftsvertrags nicht veröffentlicht wissen wollte, hängt Bartensteins Interpretation zufolge damit zusammen, dass die Hersteller dem ersten Exportkunden bessere Konditionen eingeräumt haben, als sie später anderen Käufern gewähren wollten.
SPÖ zweifelt Großteil der Kompensation an
Die SPÖ machte neuerlich deutlich, dass sie aus dem Volumen der anerkannten Gegengeschäfte nur eine Milliarde Euro für realistisch hält – offiziell anerkannt sind bisher etwas mehr als drei Milliarden, weitere 2,7 Milliarden sind noch nicht geprüft. Aus SPÖ-Sicht dürften aber auch jene zwei Milliarden an anerkannten Gegengeschäfte, bei denen es noch Nachprüfungen geben soll, nicht als anerkannt gewertet werden.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka nannte diese Berechnung "Ihre Zahl", sie sei als Berechnung der SPÖ zu den Akten genommen worden.
Neos sehen Vector-Netzwerk als zentralen Punkt
Seitens der Neos hat der Abgeordnete Michael Bernhard ein Urteil des Amtsgerichts München in die Diskussion eingebracht: Am 20. Februar wurde ein ehemaliger EADS- (nunmehr: Airbus-) Manager verurteilt, weil er mit der Gründung der Firma Vector einen Kanal geschaffen hat, durch den Millionenbeträge zum Nachteil von EADS/Airbus aus dem Konzern geschleust werden konnten. Dies ist nach Interpretation von Bernhard letztlich österreichisches Steuergeld, das an EADS gezahlt worden und dann in dunklen Kanälen verschwunden ist. "Diesen Zahlungen für die Generierung von Gegengeschäften, die auf Grundlage von Scheinverträgen und Scheinrechnungen erfolgten, standen in Höhe von circa 90 Millionen Euro keinerlei Gegenleistungen von Vector gegenüber", heißt es in dem Urteil.
Bartenstein erklärt dazu, dass ihm nur das für die Österreich-Geschäfte eingerichtete Kontaktbüro von Klaus-Dieter Bergner bekannt gewesen sei – nicht aber das Vector-Netzwerk.
Nebengeschäfte "erwünschte Nebenwirkung"
Bartenstein sagte auf die Frage, ob die im Eurofighter-Vertrag geforderten Kompensationsgeschäfte in der Höhe von 200 Prozent nicht sehr hoch angesetzt gewesen seien, dass dies einer Forderung des in jeder Hinsicht sehr ambitionierten damaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel entsprochen habe. Die Gegengeschäfte seien "eine erwünschte Nebenwirkung" des Kaufs gewesen: "Da sind Sie auf demselben Parkett wie bei 'Steuerreformen, die sich von selbst finanzieren'."
Er räumt ein, dass bei der Definition von Gegengeschäften immer ein Ansatz für Kritik gegeben ist. Ihm persönlich wäre lieber gewesen, wenn man die Alternative in Betracht gezogen hätte, die Kampfflugzeuge zu einem möglicherweise niedrigeren Preis zu kaufen und auf Gegengeschäfte zu verzichten. Der Regierungschef habe aber Wert auf Kompensationsgeschäfte gelegt, die Österreichs Wirtschaft beleben sollten. Bartenstein relativierte auch den Anteil der inländischen Wertschöpfung, die man nicht bei jedem einzelnen Geschäft herausrechnen könne.
Militärfahrzeug-Auftrag an MAN-Rheinmetall springender Punkt
Ein wesentlicher Punkt des Gegengeschäftsvolumens war der 767 Millionen Euro schwere Kauf von MAN-Militärfahrzeugen durch die britische Armee – für ihn sei absolut nachvollziehbar, dass dieser Kauf nur im Zusammenhang mit dem Eurofighter zustande gekommen sei. Die Jetzt-Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber bezweifelt das, sie hält den Kauf für ein reines Government-to-Government-Geschäft; wenn es nicht anerkannt würde, könnte auch eine Pönalezahlung durch Airbus fällig werden.
Bartenstein nannte dieses Geschäft ein geradezu klassisches Beispiel für ein Gegengeschäft – und selbstverständlich sei es nützlich gewesen, dass er Kontakte nach Großbritannien gepflegt habe. Es sei aber definitiv kein Geschäft zwischen den Regierungen gewesen. (Conrad Seidl, 9.5.2019)