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In Seoul beobachten Menschen die Nachrichten über die Abschüsse aus Nordkorea.

Foto: AP/Ahn Young-joon

Seoul – Nordkorea hat südkoreanischen Angaben zufolge eine Übung für einen "Langtreckenangriff" durchgeführt. Machthaber Kim Jong-un habe am Freitag am Kommandoposten den Befehl zum Start der Übung mit verschiedenen Trägern für "Langstreckenangriffe" gegeben, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur KCNA.

Die Übung habe darauf abgezielt, die Fähigkeiten der Verteidigungseinheiten zur schnellen Reaktion zu prüfen.

Nordkorea hatte nach Angaben des Generalstabs der südkoreanischen Streitkräfte bereits am Donnerstag zwei Flugkörper abgefeuert, bei denen es sich vermutlich um Kurzstreckenraketen handelte. Die USA hatten am selben Tag bekannt gegeben, dass sie ein nordkoreanisches Schiff beschlagnahmt haben, weil damit gegen Sanktionen verstoßen worden sei.

Spannungen zwischen Nordkorea und USA

Die Entwicklungen könnten zu neuen Spannungen zwischen Nordkorea und den USA führen. Die nordkoreanischen Waffentests werden in Seoul auch als Versuch der kommunistischen Führung in Pjöngjang gesehen, den Druck auf die USA zu erhöhen. Seit dem Scheitern des zweiten Gipfeltreffens zwischen US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Machthaber Kim im Februar in Vietnam ist die Verunsicherung in der Region gewachsen.

Beide Seiten konnten sich damals nicht in der zentralen Frage der atomaren Abrüstung Nordkoreas einigen. Pjöngjang forderte dabei vergeblich eine Aufhebung eines Großteils der internationalen Sanktionen gegen das Land. Die Sorge weltweit ist groß, dass nach einer zwischenzeitlichen Annäherung Nordkoreas an die USA und Südkorea im vergangenen Jahr die Lage wieder eskalieren könnte.

Südkorea besorgt

Das südkoreanische Präsidialamt in Seoul äußerte sich am Donnerstag "tief besorgt", nachdem es bereits nordkoreanische Waffentests vom Samstag kritisiert hatte. Ein Sprecher von UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte, solche Handlungen führten nur dazu, die Spannungen in der Region zu verschärfen. Guterres rufe alle Seiten dazu auf, den Dialog fortzusetzen.

US-Präsident Trump sagte zu den Tests, man schaue sich das sehr genau an. "Niemand ist glücklich darüber." Die Beziehungen mit Nordkorea gingen weiter. Er beklagte aber, dass er den Eindruck habe, dass die Nordkoreaner nicht bereit sein zu verhandeln. "Wir werden sehen, was passiert", fügte er hinzu.

Rakete flog 420 Kilometer

Bei dem jüngsten Test flogen südkoreanischen Angaben zufolge eine Rakete 420 Kilometer und eine andere 270 Kilometer weit, bevor sie vor der Ostküste Nordkoreas ins Meer landeten. Demnach wurden die Raketen im nordwestlichen Teil des Landes bei Kusong im Abstand von zehn Minuten gestartet. Die Stadt liegt etwa 40 Kilometer von Sino-ri entfernt, wo Nordkorea eine Basis für Mittelstreckenraketen betreibt.

Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete unter Berufung auf Experten, Nordkorea könnte jetzt vermutlich ballistische Raketen des Typs Scud oder eine neue Art von Boden-Boden-Raketen abgeschossen haben, die das Land wahrscheinlich bereits fünf Tage zuvor erprobt habe.

Startverbot

UN-Resolutionen verbieten Nordkorea – das mehrfach Atombomben getestet hat – die Starts ballistischer Raketen kurzer, mittlerer und langer Reichweite. Solche Raketen sind in aller Regel Boden-Boden-Raketen, die einen konventionellen, chemischen, biologischen oder atomaren Sprengkopf befördern können.

Sollte Nordkorea am Donnerstag erneut ballistische Raketen getestet haben, wäre dies ein Verstoß gegen die UN-Auflagen. Südkoreas Militär beschrieb den Raketentyp zunächst nicht weiter. Zusammen mit den USA würden die Daten über den Test weiter ausgewertet, hieß es.

Erst am Samstag hatte Nordkorea nach eigenen Angaben Mehrfach-Raketenwerfersysteme mit größerer Reichweite und taktische Lenkwaffen getestet. Experten vermuten, dass dabei ein ballistisches Raketensystem erprobt wurde. Südkoreas Regierung sprach zunächst offiziell von "Projektilen kurzer Reichweite". Sie rief Nordkorea auf, alles zu unterlassen, was neue Spannungen schüren könnte.

Die Waffentests erfolgen zu einer Zeit, da sich Südkorea und die USA um die Wiederaufnahme des stagnierenden Dialogs mit der international isolierten Führung in Pjöngjang bemühen. Dabei diskutieren Seoul und Washington untereinander auch über eine mögliche humanitäre Hilfe für Millionen von Nordkoreanern, die laut Untersuchungen der Vereinten Nationen vom Hunger bedroht sind.

Derzeit befindet sich der US-Sonderbeauftragte für Nordkorea, Stephen Biegun, zu Gesprächen in Seoul. Es wird vermutet, dass er dabei mit der südkoreanischen Regierung neben dem weiteren Vorgehen im Atomstreit auch über Nahrungshilfen für Nordkorea spricht. ( APA, Reuters, 9.5.2019)