Zungenküsse sind möglicherweise ein vernachlässigtes Risiko für eine oropharyngeale Gonorrhoe, bei der die auslösenden Bakterien, auch Gonokokken genannt, den Mund- und Rachenbereich befallen. Das sagen australische Forscher, die nun eine Studie zum Thema in der Zeitschrift "Sexually Transmitted Infections" veröffentlicht haben.

Tripper ist in vielen Ländern wieder auf dem Vormarsch. Beispielsweise hat sich die Zahl der gemeldeten Infektionen in Australien in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. 70 Prozent der Betroffenen sind Männer, die Sex mit anderen Männern haben.

Um zu beurteilen, ob Tripper allein durch Zungenküsse übertragen werden kann, analysierten die Wissenschafter die Daten von 3.677 schwulen oder bisexuellen Männern. Die Probanden wurden gebeten, Angaben zu ihren sexuellen Praktiken zu machen. Der Anteil der Studienteilnehmer, die sich mit Gonorrhoe im Mund- und Rachenbereich infiziert hatten, lag bei rund sechs Prozent.

Erhöhtes Risiko

Insgesamt wurden sexuelle Handlungen in drei Kategorien eingeteilt: Küssen ohne Sex, Geschlechts- und/oder Oralverkehr ohne Küssen und Küssen mit Sex. Im Schnitt hatten die Probanden in den vergangenen drei Monaten vier Partner, die sie nur küssten, einen Mann oder eine Frau, mit dem oder der es ausschließlich zum Geschlechtsverkehr kam, und fünf "Sowohl-als-auch-Partner". Auf rund jeden vierte Mann (27 Prozent) trafen alle drei Kategorien zu. Nur 52 Männer (1,4 Prozent) beschränkten sich in diesem Zeitraum ausschließlich aufs Küssen. Allerdings war in dieser Gruppe der Anteil jener, die positiv auf Gonorrhoe im Mund- und Rachenbereich getestet wurden, relativ gesehen höher als unter Männern, die Sex ohne Küssen praktizierten.

Küssen mit oder ohne Sex erhöht das Ansteckungsrisiko für Gonorrhoe, lautet das Fazit der Studienautoren. Für Männer, die maximal vier Kusspartner hatten, war das Infektionsrisiko um 46 Prozent höher als unter Männern, die nur einen Partner geküsst oder gänzlich auf Zungenküsse verzichtet hatten. In der Gruppe der Probanden, die mehr als vier Kusspartner hatten, stieg das Infektionsrisiko um 81 Prozent.

Den Mund ausspülen

Die Studienautoren betonen, dass es sich nur um eine Beobachtungsstudie handelt. Deshalb kann nicht nachgewiesen werden, dass Küssen tatsächlich die Wahrscheinlichkeit für eine Tripperinfektion erhöht. "Unsere Ergebnisse legen aber nahe, dass Küssen mit oder ohne Sex ein Risikofaktor für oropharyngeale Gonorrhoe sein kann", schreiben die Forscher.

Unklar sei etwa, ob Oralsex der größere Risikofaktor ist, über den die Schleimhäute in Mund und Rachen mit Gonokokken infiziert werden. In solchen Fällen können schließlich auch durchs Küssen die Krankheitserreger weitergegeben werden. Zur Behandlung der oropharyngealen Gonorrhoe empfehlen die australischen Forscher eine handelsübliche Mundspülungen, mit der die Bakterien abgetötet werden. (red, 10.5.2019)