Um möglichst verlässliche Aussagen über den Wahlausgang treffen zu können, setzen Sora und Arge Wahlen auf Aufkünfte von Wahlzeugen.

Foto: APA / Roland Schlager

Wien – Die EU-Wahl am 26. Mai stellt die Medienbranche vor eine neue Herausforderung. Die Wahllokale in Österreich schließen zwar um 17 Uhr. Nach einer Vorgabe der EU-Kommission dürfen die Wahlbehörden Resultate aber erst nach dem EU-weiten Wahlschluss um 23 Uhr an Medien weitergeben. Die Nachrichtenagentur APA, der ORF und ATV wollen dennoch ab 17 Uhr Prognosen zum Wahlausgang liefern.

Gemeinsam mit den Hochrechnungsteams von Arge Wahlen (APA, ATV) und Sora (ORF) sollen mit Schließen der letzten Wahllokale in Österreich erste Trend- bzw. Hochrechnungen veröffentlicht werden. Das Fundament dafür soll eine Wahlzeugenplattform liefern, die derzeit von der APA und vom ORF aufgebaut wird. Anders als der Wahlbehörde und deren Mitgliedern ist es den von den Parteien in die Wahllokale entsandten Wahlzeugen nämlich rechtlich erlaubt, das Ergebnis ihres Wahlsprengels beziehungsweise ihrer Gemeinde, wo diese mit einem Wahlsprengel identisch ist, weiterzugeben.

Innenministerium bestätigt Rechtskonformität

Diese Rechtsansicht bestätigt man auch im Innenministerium. "Aufgrund der rechtlichen Vorgaben sowie in Beobachtung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes wird im Bundesministerium für Inneres die Rechtsansicht vertreten, dass einer Weitergabe von Ergebnisdaten eines Wahlsprengels durch eine Wahlzeugin oder einen Wahlzeugen an wen auch immer nichts entgegensteht und dass diese Daten auch einer Hochrechnung zugrunde gelegt werden dürfen", heißt es aus der zuständigen Abteilung für Wahlangelegenheiten.

In Österreich gibt es keinen einheitlichen Wahlschluss. Vor allem in ländlichen Regionen und Gemeinden schließen viele Wahllokale bereits um die Mittagszeit oder am Nachmittag. Am längsten kann man in großen Städten und Ballungsräumen wie Wien wählen, wo die Stimmabgabe bis 17 Uhr möglich ist. Ausgezählt wird in allen Wahlsprengeln beziehungsweise Gemeinden unmittelbar nach dem jeweiligen Wahlschluss.

Die APA und der ORF wollen gemeinsam mit der Arge Wahlen und Sora möglichst viele Wahlzeugen dazu bringen, am Nachmittag des Wahltags Ergebnisse ausgewählter, über ganz Österreich verstreuter Wahlsprengel an eine Wahlzeugenplattform zu übermitteln. Diese Daten werden nicht veröffentlicht, dienen aber als Grundlage für Trend- und Hochrechnungen, die dann ab 17 Uhr via APA, ORF und ATV veröffentlicht werden.

Hoffen auf Beteiligung

"Wahlen sind das Hochamt der Demokratie. Ähnliches gilt für die Innenpolitik-Berichterstattung über den Ausgang von Wahlen. Wir wollen den Wählerinnen und Wählern sowie den Parteien möglichst rasch ein fundiertes Ergebnis zum Ausgang der EU-Wahl in Österreich liefern", sagt APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger. "Wir hoffen sehr, dass wir in einer gemeinsamen Kraftanstrengung mit Hilfe der Wahlzeuginnen und Wahlzeugen gewährleisten können, das berechtigte Interesse der Wählerinnen und Wähler am Ausgang dieser wichtigen Wahl zufriedenzustellen", sagt ORF-Fernsehchefredakteur Matthias Schrom.

"Ohne solide Berechnungen wäre die Zeit zwischen 17 und 23 Uhr am Wahlsonntag von Gerüchten und Unsicherheit geprägt. Es freut mich daher, dass führende Medien und die besten Hochrechnungsteams des Landes gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern diese Kraftanstrengung unternehmen, um die Öffentlichkeit wie gewohnt verlässlich zu informieren", begründet Sora-Chef Christoph Hofinger die Initiative.

Rechnen mit Unbekannten

Der methodische Zugang ist dabei ähnlich wie bei vergangenen bundesweiten Wahlen in Österreich, anders verläuft diesmal die Datenaufbringung für die beiden Trend- bzw. Hochrechnungen von Sora und Arge Wahlen. "Unser Rechenmodell ermöglicht es uns, mit wenigen Informationen sehr nahe an das tatsächliche Ergebnis zu kommen. Üblicherweise übermittelt das Innenministerium ab 17 Uhr Ergebnisdaten, bei dieser Wahl stützen wir uns auf die Informationen von Wahlzeugen in den Wahllokalen. Die wissenschaftlichen Methode der Hochrechnung bleibt gleich, herausfordernd wird die vorher unbekannte Menge an Informationen und ihre statistische Verteilung", erklärt Arge-Wahlen-Sprecher Matthias Hinner. (APA, 9.5.2019)