Zürich – Technologie und Naturschutz sind nicht unbedingt Gegenkräfte. Auf ganz besondere Weise gilt dies am Meeresgrund: Längst bekannt ist, dass Hinterlassenschaften des Menschen den Startschuss für neue Lebensräume bilden können. Korallen und andere Tiere besiedeln gerne Schiffswracks – deshalb werden inzwischen sogar mit Absicht ausgediente Schiffe oder andere Strukturen in lebensarmen Meeresregionen versenkt, damit dort künstliche Riffe entstehen können.

Optimierte Strukturen

Ulrike Pfreundt von der ETH Zürich ist der Schutz der Korallen ebenfalls ein Anliegen. Sie will für die Tiere aber kein Restgut, sondern neue und ihren Bedürfnissen möglichst gut entsprechende Strukturen schaffen. Daher arbeitet die Forscherin zusammen mit Kollegen vom Team um Roman Stocker und Architekten an künstlichen Strukturen aus dem 3D-Drucker, auf denen sich Korallenlarven ansiedeln könnten.

Die meisten herkömmlichen Kunstriffe sind laut Pfreundt strukturell zu wenig ausgefeilt: Sie böten nicht genügend Schutzräume für junge Korallen und interagierten zu wenig mit der Strömung, um die Larven überhaupt nah genug an das Substrat zu bringen.

Hintergrund

Korallenriffe stehen durch den Klimawandel unter großem Druck. Die steigenden Wassertemperaturen stören das Miteinander der Korallen und ihrer symbiotischen Algen. Die Korallen stoßen die Algen ab und verhungern mit der Zeit. Bekannt ist dieser Prozess unter dem Begriff Korallenbleiche.

Trotz der wärmeren Wassertemperaturen würden aber nicht alle Korallen unmittelbar sterben, so Pfreundt. Sie gehe davon aus, dass gewisse Gebiete für Korallenriffe geeignet bleiben – etwa weil es in der Nähe eine kühlende Strömung gebe. Forscher seien außerdem etwa im Roten Meer auf hitzeresistente Korallen gestoßen, und weltweit werde versucht, widerstandsfähigere Korallensymbiosen zu züchten. Für diese wollen die Schweizer Wissenschafter künstliche Strukturen schaffen, auf denen sich die Korallenlarven ansiedeln können. Pfreundt will sie in kontrollierten Strömungsbecken prüfen und später auch in Feldversuchen testen.

"Erwärmen sich die Weltmeere ungebremst weiter, drohen bis 2050 über 90 Prozent aller Korallenriffe abzusterben – dagegen möchte ich etwas tun", so Pfreundt. (red, APA, 9. 5. 2019)