FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky sieht sich mit Vorwürfen der Querfinanzierung konfrontiert.

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Auf etwas weniger als hundert Seiten hat die K3 Studiengesellschaft im Auftrag der rechtsnationalen Fraktion im EU-Parlament analysiert, welche "patriotischen" Parteien es in Europa gibt. Diese auf der FPÖ-Webseite bis zuletzt als "Studie" präsentierte Arbeit sorgt nun für Turbulenzen: Der Auftrag dafür erging vom EU-Spitzenkandidaten und freiheitlichen Chef in Brüssel, Harald Vilimsky. Bezahlt wurde mit Fraktionsgeld, der Empfänger K3 gehört zur Hälfte dem Nationalratsabgeordneten Wendelin Mölzer (FPÖ), zur Hälfte seinem Bruder – beide Söhne des langjährigen freiheitlichen EU-Abgeordneten Andreas Mölzer.

Deren Unternehmen lieferte jedoch eine Aneinanderreihung fremder Inhalte, die nicht gekennzeichnet wurden. Deshalb schlagen Korruptionsexperten nun Alarm. "Der Eindruck reicht von einem Scheinauftrag zur Querfinanzierung von Parteiaktivitäten bis dahin, dass Vilimsky durch die Studienautoren selbst gelegt wurde", sagt der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler.

Zwölf Prozent von Wikipedia

Der Medienwissenschafter Stefan Weber, bekannt als "Plagiatsjäger", sieht "keine Studie, sondern Unsinn, der nur eine Collage anderer Texte ist". Eine rasche Prüfung des Dokuments zeige laut Weber ein Muster: "Zuerst kommt bei jeder der Parteien der unzitierte Wikipedia-Artikel, darauf folgen unzitierte Agenturmeldungen." Mindestens zwölf Prozent der Arbeit stammen direkt von Wikipedia, was für Weber ein Alarmzeichen ist.

Die FPÖ hatte in einer ersten Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Studie "keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und keinen expliziten Autor" habe, weshalb die Fremdinhalte kein Problem seien.

Das bestreitet Weber vehement: "Ein Dokument muss keinen wissenschaftlichen Anspruch haben, damit ein Plagiatsvorwurf rechtens ist. Und dadurch, dass der Bericht mit EK3 überschrieben ist, ist auch ein Urheber bekannt."

Für den Politikwissenschafter Hubert Sickinger ist entscheidend, welches Honorar für das Dokument überwiesen wurde. Er verweist etwa auf die Stundensätze des Wissenschaftsfonds FWF, die als Vergleichswert herangezogen werden können. Ein Doktorand wird dort bei 30 Wochenstunden mit 2.162 Euro brutto pro Monat berechnet, ein Postdoc bei 40 Wochenstunden mit 3.803 Euro brutto.

Für Weber habe die Erstellung des Dokuments "wohl nicht mehr als einen Tag" gedauert, wenn man die teils schon in der FPÖ-nahen "Zur Zeit" erschienenen Interviews abzieht. Doch die FPÖ nennt trotz mehrfacher Nachfragen den Preis der "Studie" nicht. Für Fiedler "mag daraus jeder selbst seine Schlüsse ziehen".

Konkurrenz fordert Prüfung

Die politische Konkurrenz will jedenfalls Aufklärung. SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder forderte nach Erscheinen der Recherchen von STANDARD und Stoppt die Rechten, dass die europäische Behörde für Korruptionsbekämpfung Olaf die Vorgänge prüfe. "Dieser FPÖ-Skandal muss voll aufgeklärt werden", sagte Schieder. Der grüne Spitzenkandidat Werner Kogler fordert Vilimsky auf, "von sich aus offenzulegen, welche Summen da im Spiel sind, ob er weitere derartige 'Studien' aus Steuergeldern finanziert hat". Laut Kogler gelte auch für Blau: "zurückzahlen oder zurücktreten".

Auch Neos-Kandidatin Claudia Gamon zeigte sich im Gespräch mit dem STANDARD empört: "Wie die FPÖ mit dem Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger umgeht, ist an Schamlosigkeit nicht mehr zu übertreffen." Sie forderte ebenfalls eine rasche Offenlegung der Finanzierung und verwies darauf, dass man "immer noch nicht weiß, woher das Geld für die dreiste Wahlkampfkostenüberschreitung der FPÖ kam". Die ÖVP reagierte auf eine Anfrage des STANDARD nicht. (Fabian Schmid, 9.5.2019)