Präsident Cyril Ramaphosa ist ANC-Chef und Wahlsieger.

Foto: APA/AFP/Spatari

Nach der Auszählung von mehr als der Hälfte der bei den Wahlen in Südafrika abgegebenen Stimmen liegt der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) mit über 55 Prozent erwartungsgemäß vorn: Doch die von Korruptionsskandalen gebeutelte Partei muss gegenüber dem Ergebnis vor fünf Jahren mit Verlusten von bis zu fünf Prozentpunkten rechnen. Besonders knapp wird das Rennen im wirtschaftlichen Herzen des Landes, der Gauteng-Provinz, ausgetragen: In der Region um Johannesburg und Pretoria könnte der ANC sogar unter 50 Prozent rutschen und wäre dann auf einen Koalitionspartner angewiesen. Nach den gewöhnlich zuverlässigen Hochrechnungen des südafrikanischen Council for Scientific and Industrial Research (CSIR) kann der ANC landesweit mit einem Ergebnis von gut 57 Prozent der Stimmen rechnen.

Verluste muss auch die größte Oppositionspartei, die von Weißen dominierte Demokratische Allianz (DA), hinnehmen: allerdings weit weniger deutlich, als Umfrageinstitute vorausgesagt hatten. Fest steht bereits, dass die DA die von ihr seit zehn Jahren regierte Westkap-Provinz um Kapstadt behalten kann: Dort liegt sie deutlich über 55 Prozent, während sie landesweit vermutlich nur auf gut 21 Prozent (minus 1,2 Prozentpunkte) kommen wird. Obwohl die DA in der Gauteng-Provinz fast 30 Prozent erreicht, wird der ANC dort gewiss keine Koalition mit der wirtschaftsfreundlichen Partei eingehen: Der Regierungspartei genügt ein kleinerer und ihr politisch näher stehender Partner für eine Mehrheit.

Gewinne für "Freiheitskämpfer"

Mit dem größten Zugewinn – aber trotzdem für die Partei enttäuschend – haben die Economic Freedom Fighter (EFF) unter dem militanten Populisten Julius Malema abgeschnitten. Umfragen hatten dem "Oberfehlshaber" der stets in Rot gekleideten Ökonomischen Freiheitskämpfer mindestens eine Verdoppelung ihrer gut sechs Prozent aus dem Jahr 2014 vorausgesagt: Doch nach den Hochrechnungen des CSIR wird die EFF nicht einmal auf zehn Prozent der Stimmen kommen. Das wird vor allem in Wirtschaftskreisen mit Erleichterung aufgenommen: Die Partei tritt für die Verstaatlichung von Minen und Banken sowie für die Enteignung weißer Farmer ein. Die Währung des Landes, der Rand, notierte am Donnerstag deutlich stärker.

Erwartungsgemäß niedrig fiel die Beteiligung mit lediglich rund 66 Prozent der registrierten Wähler aus: Vor fünf Jahren lag sie noch bei fast 74 Prozent, vor zwanzig Jahren sogar bei 90 Prozent. Darin drückt sich die Politikverdrossenheit vor allem junger Südafrikaner aus: Sie fühlen sich von den in zahlreiche Skandale verwickelten etablierten Parteien nicht repräsentiert.

Während des Urnengangs war es am Mittwoch zu vergleichsweise vielen Unregelmäßigkeiten gekommen: Einzelne Wahllokale öffneten erst Stunden verspätet, anderen gingen die Wahlzettel aus. In den sozialen Netzwerken wurde berichtet, dass die zur Kennzeichnung der Wähler verwendete Tinte abwaschbar gewesen sei: Zahlreiche Wähler hätten ihre Stimme deshalb wiederholt abgegeben. Am Donnerstag nahm die Polizei in diesem Zusammenhang vier Verdächtige fest, die Unabhängige Wahlkommission (IEC) kündigte eine eingehende Untersuchung der Vorfälle an.

Die DA hat bereits mehr als 60 Widersprüche gegen den Wahlvorgang eingereicht. Eine maßgebliche Beeinflussung des Wahlergebnisses ist von den bekanntgewordenen Fällen allerdings nicht zu erwarten. (Johannes Dieterich aus Johannesburg, 9.5.2019)